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Professioneller Warentransport Lastenrad statt Lieferwagen: Cargobikes erobern die Städte

Vom Bäcker bis zur Spediteurin: Cargobikes erfreuen sich in verkehrsgeplagten Innenstädten immer grösserer Beliebtheit. Das weckt Forderungen.

Seit vier Jahren unterstützt die Stadt Wil Private und Unternehmen beim Kauf eines Cargobikes mit 2000 Franken. In Bern bieten die Geschäfte in der Innenstadt einen Cargobike-Hauslieferdienst für ihre Kundinnen und Kunden an. Es gibt Mietangebote wie «Carvelo2go».

Und das Cargobike werde zunehmend auch professionell eingesetzt, erklärt Maike Scherrer, Professorin für nachhaltige Mobilität an der Zürcher Fachhochschule ZHAW: «Kleinere Betriebe wie Bäckereien haben angefangen, mit Lastenrädern auszuliefern.»

Auch Fahrten von Monteuren oder von Beschäftigten im Facility-Management würden vermehrt mit dem Cargobike unternommen. «Immer dann, wenn die Strassen zu verstopft sind oder der Weg mit dem motorisierten Fahrzeug länger wäre, als wenn man ein Lastenrad nehmen würde», so Scherrer.

Cargobikes stossen kein CO₂ aus, machen keinen Lärm und sind oftmals schneller am Ziel als ein Lieferwagen. Und bis der einen Parkplatz gefunden hat, ist das Cargobike schon wieder weiter.

Auch die Velokuriere sind heute nicht mehr nur mit dem Velo und der umgehängten Kuriertasche unterwegs, mit Laborproben oder Gerichtsdokumenten. Sie transportieren zum Beispiel auch Reisegepäck für die SBB, laden ganze Skiausrüstungen und Koffer auf ihre Cargobikes und Anhänger oder bringen Pakete auf der letzten Meile zu den Haushalten.

Spediteur wählt Velokurier statt Lkw

Michael Hauenstein vom Logistikunternehmen Swissconnect erklärt das am Beispiel eines Spediteurs im waadtländischen Vevey, der nicht mehr mit dem Lkw in die Stadt hineinfahren möchte. Stattdessen bringt er seine Ladung zu einem Velokurier in Vevey. Mithilfe der App von Swissconnect liefert der Velokurier die Pakete dann in der Stadt aus – mit dem Cargobike.

Swissconnect vernetzt über seine Informatikplattform die Velokurieranbieter und ermöglicht so Lieferungen in der ganzen Schweiz. Heute erschwerten allerdings gesetzliche Regeln den effizienten Einsatz von Cargobikes, beklagt Hauenstein. «Wir würden es gerne sehen, wenn man etwa ein Palett an ein Lastenrad anhängen könnte.» Das sei aber aufgrund der aktuellen Gesetzeslage nicht möglich.

Schwerere und breitere Cargobikes sollen zugelassen werden. Das führt dazu, dass auch KMUs, die bisher einen Lieferwagen hatten, auf Cargobikes umsteigen.
Autor: Matthias Aebischer SP-Nationalrat und Präsident von Pro Velo Schweiz

Das sieht grundsätzlich auch der Bundesrat so – er will die Vorschriften liberalisieren, die etwa die Breite, das Gewicht oder die Ausweispflicht für Cargobikes betreffen. Die Vorlage soll noch im Sommer in die Vernehmlassung gehen.

Brisante und weniger brisante Vorschläge

Die Details stehen zwar noch nicht fest, doch die Richtung stimme, sagt Matthias Aebischer, der Präsident von Pro Velo Schweiz: «Schwerere und breitere Cargobikes sollen zugelassen werden. Das führt dazu, dass auch KMUs, die bisher einen Lieferwagen hatten, auf Cargobikes umsteigen.»

Velokurier mit Cargobike in Basel
Legende: Cargobikes bieten Vorteile gegenüber Lieferwagen, vor allem in Innenstädten, wo Strassen verstopft sind und Parkplatzmangel herrscht. Keystone/Christian Beutler

Auch der Nutzfahrzeugverband Astag unterstützt die Liberalisierung: Cargobikes könnten eine Ergänzung für die letzte Meile sein. Der Verband befürworte alle Massnahmen für eine verstärkte Zusammenarbeit aller Verkehrsmittel, lässt der Astag ausrichten.

Der Städteverband begrüsst die Bestrebungen, die Regelungen für Cargobikes zu lockern, ebenfalls. Aus Sicht von Pro Velo bleibt aber ein Problem: «Wenn es mehr Velos und mehr Cargobikes hat, gibt es auf den Velostreifen weniger Platz. Sie müssen verbreitert werden: Es braucht zwei Spuren für die Velos», sagt Velo-Lobbyist Aebischer. Dieser Vorschlag dürfte allerdings umstrittener sein als die Liberalisierung der geltenden Cargobike-Regeln.

Echo der Zeit, 26.02.2023, 18 Uhr

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