Die Vorbehalte gegen ein Rahmenabkommen der Schweiz mit der EU sind gross. Noch ist beispielsweise völlig offen, wie sich die Kantone zum umstrittenen Abkommen stellen, das in Teilen auch auf den erbitterten Widerstand der Gewerkschaften stösst.
In die Debatte schaltet sich nun auch der Verwaltungsratspräsident des Pharmakonzerns Novartis ein: Jörg Reinhardt warnt in der «Samstagsrundschau» von Radio SRF vor den Nachteilen für sein Unternehmen, sollte es zu keiner Einigung mit der EU kommen.
Seilziehen spielt keine Rolle bei Investitionsentscheiden
Novartis-Präsident Jörg Reinhardt kennt die heiklen Punkte im Rahmenabkommen. Da ist etwa die Sorge vor einer Verschlechterung des Lohnschutzes in der Schweiz. Oder der Widerwille, die sogenannte Unionsbürgerrichtlinie zu übernehmen, die für EU-Bürgerinnen und -Bürger den Zugang zur Sozialhilfe erleichtern würde. Es gebe sicher noch einiges zu diskutieren, räumt der 62-jährige Deutsche ein.
«Ich verstehe ja, dass es mit dem momentan auf dem Tisch liegenden Papier noch gewisse unterschiedliche Perspektiven gibt, ob man das akzeptieren kann oder nicht», so Reinhardt.
Ich hoffe doch sehr, dass man sich auf etwas einigen kann, das für beide Seiten akzeptabel ist.
Aber der Verwaltungsratspräsident des Basler Pharma-Riesen spricht auch eine klare Erwartung aus: «Ich habe in meinen bald 40 Jahren in der Schweiz das Land als sehr pragmatisch kennengelernt und hoffe doch sehr, dass man sich auf etwas einigen kann, das für beide Seiten akzeptabel ist.»
Ohne Abkommen könnte es für Novartis schwierig werden
Für Novartis stehe einiges auf dem Spiel. Die Länder der EU, besonders Deutschland, seien ein wichtiger Absatzmarkt für den Konzern. «Wenn es kein Rahmenabkommen mehr gibt, würden sich neue Gräben auftun, die werden zu Verzögerungen und hohen Kosten führen.»
Ohne Abkommen könne es für Novartis künftig schwieriger werden, Schweizer Medikamente in der EU zu verkaufen. Ausserdem befürchtet Reinhardt Probleme bei der Rekrutierung von Personal aus dem Ausland.
Da muss niemand befürchten, dass das nur der Beginn eines weiteren Abbaus sein wird.
Bereits bekannt ist, dass Novartis derzeit im grösseren Stil Stellen ins Ausland verlagert. Das geschehe vor allem aus Kostengründen. Doch Jörg Reinhardt bekennt sich klar zum Standort Schweiz: «Da muss niemand befürchten, dass das nur der Beginn eines weiteren Abbaus sein wird», sagte Reinhardt.
Standort Schweiz bleibt weiterhin wichtig
Novartis hatte im September angekündigt, in der Schweiz rund 2'150 Stellen innerhalb von vier Jahren zu streichen. Davon ist vor allem die Produktion in Basel, Schweizerhalle, Stein und Locarno betroffen. Hier sollen annähernd 1'500 Stellen wegfallen. Weitere rund 700 Stellen im Dienstleistungsbereich werden ins Ausland verlagert.
Egal ob mit oder ohne Rahmenabkommen, ein Exodus von Novartis aus der Schweiz ist für den Präsidenten des Verwaltungsrats also kein Thema.