Die 120 grössten börsenkotierten Unternehmen in der Schweiz werden dieses Jahr knapp 47 Milliarden Franken Dividende ausschütten. Das schätzt die Schweizer Privatbank Pictet. Ein Grossteil der Summe kommt von Nestlé, Novartis und Roche. Aber auch andere Unternehmen zahlen immer grosszügigere Dividenden.
Noch müssen die geplanten Dividendenerhöhungen an den Generalversammlungen gutgeheissen werden. Dass die Aktionäre dort Ja sagen, ist aber so sicher wie das Amen in der Kirche. Wer verzichtet schon freiwillig auf mehr Geld?
Hohe Erwartungen der Aktionäre
47 Milliarden Franken– das ist dreimal so viel wie noch vor zehn Jahren. Anastassios Frangulidis, Chefstratege der Pictet-Vermögensverwaltung, erklärt: «Die Investoren verlangen einen höheren Anteil an Dividenden, weil das der sicherere Teil der Performance ist.» Denn unabhängig davon, ob die Aktienkurse steigen oder fallen – die Dividenden werden ausbezahlt. Dass es sich bewährt, auf diese sichere Karte zu setzen, haben die Aktionäre während der Finanzkrise erlebt. Die Dividenden flossen trotz happiger Kursverluste an der Börse.
Viel Geld in den Unternehmen
Dividenden-Papiere sind selbst für Anleger attraktiv geworden, die sonst in Obligationen investieren. Dort lässt sich beim aktuellen Tiefzinslage nämlich kaum mehr etwas verdienen. Unternehmen bieten mit hohen Dividenden hier eine Alternative. Geld dafür sei vorhanden, sagt Frangulidis. Denn die Unternehmen bräuchten es zurzeit nicht selber: Wenn sie nicht viel investieren, wie das in den letzten zehn Jahren nach der Finanzkrise der Fall war, können auch mehr Beträge an die Investoren ausgeschüttet werden.
Warum sich also nicht bei den Aktionären beliebt machen? Das lässt sich nebenbei auch ganz gut vermarkten. Stellvertretend für viele Grossunternehmen, die ihre Dividende erhöhen, heisst es im Geschäftsbericht der ABB etwa: «Zum neunten Mal in Folge schlägt unser Verwaltungsrat vor, die Dividende zu erhöhen. Das zeigt, dass wir zuversichtlich in die Zukunft blicken.»
Das bestärkt die Aktionäre darin, ins Unternehmen zu investieren – in diesem Fall ABB. Marktbeobachter gehen überdies davon aus, dass sich steigende Dividenden nicht nur kurzfristig, sondern auch langfristig positiv auf die Aktienkurse auswirken.
Was bleibt für die Angestellten?
Etwas anders beurteilt Stefan Studer die aktuelle Dividendenpolitik der Firmen. Er leitet den Dachverband «Angestellte Schweiz» und setzt sich in dieser Funktion für das Personal ein: «Es ist nicht fair, dass die Angestellten bei der Gewinnverteilung in den meisten Fällen übergangen werden.»
Wenn es um bessere Gesamtarbeitsverträge für die Belegschaft gehe, stellten sich die Unternehmen oft quer, weil dies zu teuer sei, kritisiert Studer. Dabei hätte manch ein Unternehmen Nachholbedarf. Bei regelmässigen Lohnerhöhungen, Arbeitsbedingungen und Gesundheitsvorsorge. Vor allem aber auch bei der Weiterbildung angesichts der Digitalisierung.
Dass die einfachen Angestellten nicht ein grösseres Stück des Gewinn-Kuchens bekommen, stört ihn. Den Aktionären liegt das eigene Portemonnaie aber näher. Sie werden darum an den Aktionärsversammlungen im Frühling die höheren Dividenden durchwinken.