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Rohstoffvorkommen und Armut Armut trotz Rohstoffreichtum: So kommt es zum Ressourcenfluch

Grosse Rohstoffvorkommen können dazu führen, dass ein Land am Ende schlechter dasteht, als ohne die Rohstoffe. Wieso?

Was versteht man unter Ressourcenfluch? Ressourcenfluch oder Ressourcenfalle beschreibt das Phänomen, dass ein Land zwar reich an Rohstoffen ist, dieser Reichtum jedoch zu negativen Folgen für ein Land führen kann. Ein Land kann am Ende also schlechter dastehen als ohne die wertvollen Rohstoffe.

Wo liegen die Risiken bei einem neuen Rohstoffvorkommen? Wenn in einem armen Land grosse Rohstoffvorkommen gefunden werden, werden grosse Hoffnungen geweckt. Das Vorkommen geht aber auch mit Risiken einher. Der Entwicklungsökonom Fritz Brugger von der ETH Zürich nennt mögliche Risiken in drei Bereichen:

  • Der Zugang: Wie wird der Zugang zu diesen Rohstoffen geregelt? Welche Vertragsbedingungen werden mit den abbauenden Firmen ausgehandelt?
  • Der Abbau: Welche Umweltauswirkungen gibt es? Wie wird mit lokalen Communitys umgegangen, die im rohstoffreichen Gebiet leben? Wichtig für die Wertschätzung sei vor allem auch, wie stark sich die Rohstofffirmen mit der lokalen Wirtschaft verbinden. Nutzen sie lokale Zulieferer? Werden die Rohstoffe im eigenen Land verarbeitet?
  • Die Einnahmen: Landen alle Einnahmen, die dem Land zustehen, wirklich in der Staatskasse? Wie gibt die Regierung diese aus?
Arbeiter von Ferrominera Orinoco rollt ein leeres Fass in Ciudad Piar im Bundesstaat Bolivar in Venezuelaz.
Legende: Rohstoffe bringen oft einen enormen Reichtum. Das müsste sich eigentlich positiv auf ein Land und seine Volkswirtschaft auswirken. Trotzdem passiert oft das Gegenteil. Keystone/AP/Rodrigo Abd (02.11.2017)

Was passiert mit den Geldern? Teils landen nicht alle prognostizierten Einnahmen in der Staatskasse, zum Beispiel, wenn Steuern nicht vollständig bezahlt werden. Mit den Geldern in der Staatskasse werden dann laufende Ausgaben im Staatshaushalt beglichen. Oder es wird für Prestigeprojekte gebraucht, die nicht der Entwicklung dienen, erklärt Brugger, der das Zentrum für Entwicklung und Zusammenarbeit der ETH Zürich (NADEL) leitet.

Wofür sollten die Gelder genutzt werden? Die Einnahmen sollten laut Ökonom Brugger für nachhaltige Investitionen mit langfristigem Nutzen verwendet werden. «Wenn das nicht gelingt, ist die Chance gross, dass das Land am Schluss ärmer dasteht, als es vorher war.»

Für einen Strassenbau werden Wälder abgeholzt.
Legende: Die Regierungen sollten Einnahmen nachhaltig investieren: «Dazu gehört die ganze Infrastruktur: Wasserversorgung, Spitäler, Bildung. Aber auch Investitionen ins Humankapital und ins Naturkapital. Es sollte in Energieerzeugungsanlagen und Stromverteilung investiert werden», nennt Fritz Brugger einige Beispiele. imago images/Daniel Heuclin/Avalon (12.03.2009)

Wieso tätigen Regierungen oft keine nachhaltigen Investitionen? «Das hat mit der schieren Grösse dieser Gelder zu tun», erklärt Fritz Brugger. «Sie wecken Begehrlichkeiten. Viele rechnen sich Möglichkeiten aus, um mit den Geldern ihre Macht abzusichern oder sie für ihre eigenen Projekte zu verwenden.» Wenn die Gewaltenteilung und die gegenseitige Kontrolle nicht funktionierten, hätten die Machthaber quasi freie Hand. Es stehe da nicht das Interesse des Landes im Vordergrund.

Was für Beispiele für Länder, die vom Ressourcenfluch bedroht sind, gibt es? Das südamerikanische Guyana ist ein Beispielland, dem der Ressourcenfluch droht. 2015 wurden vor der Küste von Guayana Esequiba gigantische Ölvorkommen entdeckt. Der US-Konzern Exxon Mobil begann mit dem Aufbau einer Ölproduktion. Das Volumen der Ölfelder wird auf 10 Milliarden Barrel Öl geschätzt. Auch Nachbar Venezuela erhebt Anspruch auf das Gebiet, in dem das Ölfeld liegt. Anfang Dezember hat zudem die Bevölkerung Venezuelas für die Annexion der rohstoffreichen Region Essequibo im Nachbarstaat Guyana gestimmt.

SRF 4 News, 26.02.2024, 07:20 Uhr ; 

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