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Russengelder in Liechtenstein Juristin: «Niemand möchte in diesen Sanktionsstrudel geraten»

Wegen US-Sanktionen steht Liechtensteins Finanzplatz unter Druck. Die Regierung sucht eine Lösung für das Problem. Einfach wird es nicht.

Das ist passiert: Im Frühjahr 2023 sanktionierten die USA den Sequoia Treuhand Trust im liechtensteinischen Ruggell. Laut dem US-Finanzministerium soll der Trust Gelder von Gennadi Timtschenko und Alisher Usmanow verwaltet haben – beides enge Vertraute des russischen Präsidenten Wladimir Putin. Über verschachtelte Firmenkonstrukte wurden damit Yachten, Offshore-Holdings und Immobilien in Monaco und Italien abgesichert. Die US-Sanktionsbehörde OFAC warnte Liechtenstein wegen möglicher Verstösse bereits mehrfach – und drohte unverhohlen mit Sekundärsanktionen, sollten Trusts mit Russland-Bezug weitergeführt werden. Auch die EU erhöht den Druck: Als EWR-Mitglied muss sich Liechtenstein an verschärfte Richtlinien halten – trotz formeller Nichtmitgliedschaft.

Liechtenstein ist ein sauberer Finanzplatz. Aber eine hundertprozentige Garantie gibt es nie.
Autor: Brigitte Haas Regierungschefin Liechtenstein

Das geschieht in Liechtensteins Finanzwelt: Treuhänder ziehen sich aus Treuhandstrukturen wie Stiftungen und Trusts zurück, selbst wenn diese nicht sanktionierte russische Staatsangehörige betreffen. Aus Angst vor Reputationsrisiken oder US-Strafen bleibt das Vermögen blockiert – die Trusts sind zwar rechtlich intakt, aber faktisch handlungsunfähig. Liechtenstein sei ein sauberer Finanzplatz, auch wenn es schwarze Schafe geben könne, sagt Regierungschefin Brigitte Haas: «Eine hundertprozentige Garantie gibt es nie. Es wäre eine schöne Welt, wenn wir dies hätten », aber 99.9 Prozent seien sauber. Darüber wache Liechtenstein. «Wenn jemand ausschert, dann legen wir das offen und transparent», sagt die Regierungschefin.

Haas verteidigt den Finanzplatz

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Regierungschefin Brigitte Haas betont, Liechtenstein verurteile den Krieg und sei ein sauberer Finanzplatz. Allerdings bleiben die Gelder blockiert, während man nach einer «rechtssicheren Lösung» sucht. Ob die aktuellen Massnahmen gegen Geldwäsche wirklich ausreichend sind, wird sich zeigen. Die Tatsache, dass selbst legale Gelder eingefroren sind, wirft Fragen auf.

Haas verspricht Transparenz, doch konkrete Informationen zu den blockierten Vermögen und den geplanten Schritten der Steuerungsgruppe fehlen. Bis eine Lösung gefunden ist, bleibt die Unsicherheit für den Finanzplatz bestehen. Eine schnelle Lösung gebe es nicht.

Sanktionen bedeuten Karriere-Aus für Treuhänder: Die US-Sanktionen haben in der liechtensteinischen Finanzwelt eine Schockwelle ausgelöst. In Liechtenstein taste heute keiner mehr russische Gelder an, selbst, wenn sie legal seien, sagt die liechtensteinische Rechtsanwältin Hannah Blecha: «Für die Treuhänder liegt das Problem darin, dass natürlich niemand selbst in diesen Sanktionsstrudel geraten oder Ziel von Sanktionen werden möchte. Das würde letztlich bedeuten, dass die wirtschaftliche Existenz dahin ist. Man könnte sagen, es wird einem wirtschaftlich der Stecker gezogen und das gilt es natürlich zu verhindern. Eine solche Sanktionierung käme einem Berufsverbot gleich.»

Schatten eines Vogels vor einer Burg auf einem Hügel.
Legende: Die US-Sanktionen sorgen für Unruhe in der liechtensteinischen Finanzwelt. Niemand tastet mehr russische Gelder an. KEYSTONE / Ennio Leanza

Regierung setzt Steuerungsgruppe ein: Branchenschätzungen gehen teils von 800 Stiftungen aus, die Gelder, Immobillien, Yachten in der Höhe von mehreren Milliarden Schweizer Franken verwalten. Offizielle Zahlen gibt es nicht. Die Regierung steht unter Druck, eine Lösung zu finden. «Die Regierung hat eine Steuerungsgruppe eingesetzt», sagt Regierungschefin Brigitte Haas. In der Steuerungsgruppe sitzen Expertinnen und Experten aus dem Finanz- und Justizbereich. Der Auftrag ist klar: «Eine Lösung so rasch wie möglich, aber natürlich so intensiv wie möglich und so rechtssicher wie möglich.» Die Suche nach einer Lösung wird Liechtenstein vor schwierige Abwägungen stellen.

10vor10, 16.7.2025, 21:50 Uhr; wilh

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