Der AHV, dem wichtigsten Sozialwerk geht es finanziell immer schlechter. Um Verluste aufzufangen, dient der AHV-Ausgleichsfonds als Kapitalpuffer. Dessen Vermögen beträgt aktuell rund 30 Milliarden Franken.
Doch eigentlich wären es mehr: Denn die Invalidenversicherung IV schuldet der AHV 10 Milliarden Franken. Geld, auf das die AHV dringend angewiesen wäre.
Manuel Leuthold ist Präsident des Verwaltungsrats des AHV-Fonds: «Diese Schuld gehört natürlich zum Vermögen der AHV, ist aber nicht liquid. Mit diesen 10 Milliarden kann ich natürlich keine Renten bezahlen».
IV-Überschüsse nur dank Mehrwertsteuer
Die Finanzen der IV haben sich laut Bundesamt für Sozialversicherungen BSV in den vergangenen Jahren stabilisiert: «2017 haben die Einnahmen der IV zum sechsten Mal in Folge die Ausgaben voll gedeckt. Der Schuldenrückgang von knapp 15 auf gut 10 Milliarden Franken wurde dank den Überschüssen möglich».
Das BSV rechnet stark damit, dass sich diese günstige Entwicklung fortsetzen wird.
Doch ein Blick auf die erwähnten Überschüsse der IV zeigt: Diese kamen nur zu Stande, weil die IV zwischen 2011 und 2017 befristete Einnahmen aus der Mehrtwertsteuer erhielt.
Ohne diese sähe die Rechnung anders aus: Die IV würde praktisch nur Verluste schreiben – obschon die Anzahl der IV-Neurentner deutlich gesunken und die Schweizer Wirtschaft gewachsen ist.
Geplante Tilgung bis 2030
Trotzdem soll die IV in der Lage sein, ihre Schulden bis 2030 zurückzuzahlen. Ein Weg mit Unsicherheiten, beispielsweise wegen der Wirtschaftsentwicklung.
«Natürlich haben wir die Unsicherheiten. Aber ich bin mir sicher: Auch wenn wir die 10 Milliarden Franken cash im AHV-Fonds haben, müssen wir die AHV mit strukturellen Massnahmen ins Gleichgewicht bekommen», sagt BSV-Direktor Jürg Brechbühl.
Keine Rückzahlung in nächster Zukunft
Tatsache ist jedoch: In unmittelbarer Zukunft erhält die AHV von der IV keine Schulden zurückbezahlt. Denn zeitgleich mit dem Auslaufen Ende 2017 der befristeten Mehrwertsteuer-Einnahmen für die IV hat das Parlament die Vorgaben für den IV-Schuldenabbau in einem neuen Gesetz geändert.
SVP-Nationalrat Thomas de Courten setzt auf die laufende IV-Revision: «Im Parlament sind wir daran, die nächste IV-Revision zu beschliessen und umzusetzen. Es geht um Einsparungen von 400 Millionen Franken. Damit würde das Betriebsergebnis der IV sicher wieder positiv werden, so dass die Rückzahlbarkeit der Schulden möglich sein muss».
Bund solle IV-Schuld übernehmen
SP-Nationalrätin Bea Heim möchte die IV nicht weiter belasten. Der Bund könnte die Schuld der IV mit einem zinslosen Darlehen ablösen oder sogar noch mehr: «Der zweite Schritt ist, dass der Bund wirklich prüft, ob er diese IV-Schuld übernehmen sollte. Wir haben seit Jahren Überschüsse in Milliardenhöhe. Wir haben die tiefste Verschuldung weltweit. Die Schweiz könnte sich das leisten».
Hoffen auf mehr Geld
Erst ab 2026 wird gemäss BSV die IV Milliardenbeträge an die AHV zurückzahlen können.
Manuel Leuthold hofft darum auf die Steuer- und AHV-Vorlage, über die im Mai abgestimmt wird: «Gibt es ein <Ja>, dann bekommen wir ungefähr 2 Milliarden pro Jahr. Das ist eine gute Sache. Aber man muss sich bewusst sein, dass die Probleme der AHV damit langfristig nicht gelöst seien. Ich schätze, wir verschieben die Problematik um fünf Jahre».