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Schweizer Arbeitsmarkt Personalmangel im Gastgewerbe – jetzt steigen die Löhne

Trotz besserer Bezahlung haben Restaurants noch immer Mühe genug Personal zu finden. Das gilt aber nicht für alle.

Geschlossene Terrassen, verkürzte Öffnungszeiten oder zum Teil ganz geschlossen – 41 Prozent der Gastronomen und Gastronominnen bekunden noch immer Mühe, genug Personal zu finden. Und weil die Chefs und Chefinnen aktiv ums Personal buhlen müssen, steigen die Löhne. So stark wie in keiner anderen Branche.

Nicht nur die Marktlöhne, sondern auch die Mindestlöhne steigen. Die Sozialpartner haben sich bereits geeinigt: Die Teuerung wird ausgeglichen und dazu gibts fünf Franken pro Monat.

Hotellerie läuft auf Rekordjahr zu

«Toll, dass die Mindestlöhne steigen,» sagt Roger Lang von der Arbeitnehmerorganisation Hotel & Gastrounion. «Aber die Löhne befinden sich weiterhin auf einem tiefen Niveau.» Da liege mehr drin, denn dem Gastgewerbe gehe es im Moment sehr gut.

Die Löhne im Gastgewerbe

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Aktuell verdienen Ungelernte im Gastgewerbe mindestens 3580 Franken pro Monat, Mitarbeitende mit Berufslehre 4370 Franken. Dazu kommen Zuschläge für den 13. Monatslohn.

Laut lohnrechner.ch vom Schweizerischen Gewerkschaftsbund (basiert auf Zahlen des Bundesamts für Statistik) verdient ein ausgelernter Servicefachmann mit zehnjähriger Berufserfahrung und mittlerem Lohn im Moment rund 4800 Franken, das sind 400 Franken mehr als der Mindestlohn für Mitarbeitende mit Berufslehre. Ähnliches gilt auch für eine Köchin.

Bei Ungelernten ist der Unterschied zwischen Mindestlohn und Marktlohn etwas grösser.

Tatsächlich läuft die Schweizer Hotellerie auf ein Rekordjahr zu. Noch nie haben im ersten Halbjahr so viele Leute in Schweizer Hotels übernachtet wie dieses Jahr.

Das spürt man auch im Luzerner Hotel Montana, das der Hotel & Gastrounion gehört. Miriam Böger, Direktorin des Hotels, erklärt: «Nun schliessen wir wieder an die Zeiten vor der Pandemie an.» Den Arbeitskräftemangel spüre sie auch im Montana, aber sie habe sehr viele langjährige Mitarbeiter, die dann wiederum Kollegen rekrutieren würden, mit denen sie gerne zusammenarbeiten.

Hotelzimmer.
Legende: Die Schweizer Hotellerie läuft auf ein Rekordjahr zu. Keystone/Gian Ehrenzeller (Symbolbild)

Sie habe immer offene Stellen, das sei bei 140 Mitarbeitenden normal. Besetzen könne sie die Stellen immer wieder, auch weil sie mehr bezahlen kann als andere in der Branche. Die Besitzerin – die Hotel & Gastrounion – investiere bewusst ins Personal und verzichte dafür auch auf Dividenden.

«Ruf der Branche muss sich verbessern»

Zudem bilde man auch selber aus, da sieht Böger die Branche in der Verantwortung. «Wer nicht selbst ausbildet, muss sich auch nicht wundern, wenn keine Fachkräfte auf dem Markt sind.»

Die Mindestlöhne sind nicht der Gradmesser, denn die Marktlöhne liegen weit über den Mindestlöhnen.
Autor: Casimir Platzer Gastrosuisse

Lang ergänzt, dass sich auch der Ruf der Branche dringend verbessern müsse: «Noch immer verlassen viele die Branche, weil die Arbeitszeiten, die schlechte Entlöhnung und mangelnde Wertschätzung nicht attraktiv sind.»

Löhne werden weiter steigen

Casimir Platzer von Gastrosuisse findet, die Gewerkschaften würden die Branche schlechtreden. «Das Gastgewerbe bietet wunderschöne Berufe und sehr attraktive Arbeitsbedingungen.» Im Moment sei die Situation für die Arbeitnehmenden ausserordentlich gut, sie könnten höhere Löhne verlangen. «Die Mindestlöhne sind nicht der Gradmesser, denn die Marktlöhne liegen weit über den Mindestlöhnen.»

«Die Löhne sind bereits stark angestiegen,» sagt Platzer weiter. Und die Zahlen der Konjunkturforschungsstelle KOF der ETH Zürich zeigen, dass sie im nächsten Quartal weiter steigen werden. Viele Arbeitnehmenden seien nach Corona wieder zurückgekommen, so Platzer, und Fachkräftemangel gebe es auch in anderen Branchen.

Heute könnte es sich kein Betrieb mehr leisten, schlechte Arbeitsbedingungen zu bieten, so Platzer. «Der Markt entscheidet, welche Betriebe überleben.»

Roger Lang würde lieber die Mindeststandards über einen neuen Gesamtarbeitsvertrag verbessern. Man müsse dem Gast aber auch offen erklären, warum was wie viel koste.

Gute Arbeitsbedingungen führen zu höheren Preisen auf der Speisekarte. Auch wenn es im Gastgewerbe im Moment gut läuft ist klar, dass sich das nicht alle Betriebe leisten können.

Rendez-vous, 17.08.2023, 12:30 Uhr

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