Das Wichtigste in Kürze
- Die Ausgangslage zum Aushandeln des Marktzugangs für die Schweizer Banken hat sich nach dem Brexit verändert.
- Nun ist die EU, was Finanzmarktfragen angeht, gegenüber der Schweiz viel zurückhaltender als vorher.
- Die EU achtet nun darauf, in den Verhandlungen mit der Schweiz keine Zugeständnisse zu machen, die sie in den Verhandlungen mit Grossbritannien bereuen könnte.
Im immer heftiger geführten Konkurrenzkampf unter den Finanzmärkten weltweit ist es für Schweizer Banken zentral, dass ihnen ausländische Märkte offenstehen. Die Wahrung und Verbesserung des Marktzugangs ist deshalb eine Priorität für den Bundesrat.
Übereinkunft bis jetzt nur mit Deutschland
Seit Jahren strebt er mit der EU und einzelnen EU-Mitgliedstaaten Abkommen in diesem Bereich an, mit mässigem Erfolg. Einzig mit Deutschland hat die Schweiz bisher eine Vereinbarung erzielen können, die es Schweizer Banken erlaubt, Dienstleistungen im nördlichen Nachbarland zu erbringen, ohne mit eigenen Zweigniederlassungen vor Ort präsent sein zu müssen.
Nun ist alles noch viel schwieriger geworden, wie der Staatssekretär für internationale Finanzfragen, Jörg Gasser, erklärt: «Mit dem Brexit hat sich diese Situation tatsächlich stark verändert.» Denn mit dem angestrebten Austritt aus der EU muss auch Grossbritannien in den nächsten Monaten mit Brüssel über die Frage des Marktzugangs britischer Banken zum EU-Raum verhandeln.
Mit dem Brexit hat sich die Situation stark verändert.
Nichts, was man bereuen könnte
Dies führe dazu, dass – was Finanzmarktfragen angeht – neuerdings eine grosse Zurückhaltung der EU gegenüber der Schweiz zu spüren sei, berichtet Staatssekretär Gasser: «Es ist aus Sicht der EU verständlich, dass man gegenüber der Schweiz keine Konzessionen machen möchte, welche man eventuell bereut, wenn man mit Grossbritannien über das neue Verhältnis diskutiert.»
Diesbezüglich sei die Bereitschaft der EU, aus ihrer Sicht mutige Schritte zu machen, relativ beschränkt.
Vor dem Brexit-Entscheid war alles anders
Von einem «steinigen Weg» spricht Jörg Gasser. Noch bis vor dem Brexit hat das Staatssekretariat für internationale Finanzfragen den Dialog mit Italien und Frankreich über den Marktzugang vorantreiben können. Mit Spanien sind Gespräche auf technischer Ebene vertieft worden. Nun ist alles ins Stocken geraten.
Ein Finanzdienstleistungsabkommen mit der EU als Ganzes, das der Bundesrat noch bis vor kurzem angestrebt hatte, ist in weite Ferne gerückt.
Einerseits herrsche innenpolitisch die Meinung, dass es im Moment nicht opportun sei, ein Finanzdienstleistungsabkommen mit der EU abzuschliessen. «Andererseits ist das auch von Seiten der EU kein Thema, eben aus den genannten Gründen in Bezug auf den Austritt Grossbritanniens aus der EU», so Gasser.
Technische Bedingungen klären
Doch man lasse sich nicht entmutigen, zeigt sich Staatssekretär Gasser kämpferisch. Das Thema Marktzugang bleibe auf der Prioritätenliste für die Schweiz ganz oben.
Wir wollen vor allem technische Gespräche. Denn letztlich sind es ja die technischen Bestimmungen, wie dieser Marktzugang gestaltet werden kann, die entscheidend sind.
Auch von Drohgebärden aus Brüssel lässt sich der Staatssekretär nicht beeindrucken. Vor wenigen Tagen ist bekannt geworden, dass die EU eine «schwarze Liste» mit Steueroasen erstellen will.
Keine Angst vor Gesprächen über Steuertransparenz
Auch die Schweiz solle einen Brief erhalten, in dem sie zu Gesprächen über Steuertransparenz eingeladen werde. Bis heute sei bei ihm kein solches Schreiben eingetroffen, hält Jörg Gasser fest. Und: «Ich schaue diesem Brief entspannt entgegen. Wir erfüllen sämtliche Bedingungen in Bezug auf die Themen, welche die EU mit uns anschneiden möchte.»
Und die Schweiz werde der EU ihre Meinung über den Inhalt dieses Briefes kundtun. «Ich bin da relativ gelassen in Bezug auf den Ausgang dieser Gespräche», sagt Staatssekretär Gasser.