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Sergio Marchionne ist tot Ein Macher, aber auch ein Visionär

  • Sergio Marchionne, der langjährige Konzernchef von Fiat-Chrysler, stirbt 66-jährig, wie Fiat mitteilt.
  • Zuletzt war er im Universitätsspital in Zürich behandelt worden, sein Zustand verschlechterte sich rasch.
  • Am Wochenende war bekannt geworden, dass Marchionne nicht mehr an die Spitze des Autobauers zurückkehrt.

Fiat- und Ferrari-Präsident John Elkann sagte laut Mitteilung: «Leider ist das, was wir befürchtet haben, eingetreten. Sergio Marchionne, ein Mann und Freund, ist fort.»

Die näheren Umstände des Todes des 66-jährigen Italo-Kanadiers Marchionne sind offiziell noch nicht bekannt.

Nach unerwarteten Komplikationen bei einer Operation in Zürich hatte sich der Zustand des Managers so stark verschlechtert, dass er seine Arbeit als Fiat-Chef sowie als Präsident und Vorstandschef von Ferrari nicht wieder aufnehmen konnte.

Marchionne galt als Visionär, aber auch als harter Verhandlungspartner für Gewerkschaften und in der Formel 1. Mit markigen Sprüchen machte er sich weltweit einen Namen. Sein Tod wird von vielen Menschen in Italien als das Ende einer Ära gesehen.

Der Manager hat in seinen 14 Jahren an der Spitze zuerst Fiat und dann Chrysler saniert und wieder profitabel gemacht. Der Italo-Kanadier hat den einst grössten Industriekonzern Italiens aber auch aus Italien herausgeführt und globalisiert.

Zum Wohl der Aktionäre

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Mit Kompromisslosigkeit und teils unkonventionellen Ideen sanierte Marchionne den kriselnden Turiner Grosskonzern Fiat und dessen Tochter Ferrari. Seit der Fusion der beiden Unternehmen im Herbst 2014 stieg der Wert der Aktie um fast 350 Prozent – und damit so stark wie bei keinem anderen Unternehmen der Branche.

Als wichtiges Vermächtnis Marchionnes gilt die Konzentration auf Nischenmarken. Zum Ende seiner Karriere bei FCA hatte der Manager sein letztes grosses Ziel erreicht und die Schuldenfreiheit des Unternehmens für Ende Juni verkündet.

Auch in der Schweiz bekannt

Bevor Sergio Marchionne das Steuer in die Hände nahm, rollte Fiat auf den Abgrund zu. Der italienische Grosskonzern mit Hauptsitz in Turin schrieb Verluste, seine Fabriken waren veraltet, Fiat zehrte vom Ruhm von gestern und vorgestern.

Ein hoffnungsloser Fall – und einer für Sergio Marchionne, der zuvor schon in der Schweiz erfolgreich saniert hatte, etwa bei Alusuisse Lonza. Gemeinsam mit den Investoren Christoph Blocher und Martin Ebner brachte er das Unternehmen auf Vordermann – und verkaufte es an die kanadische Alcan. Und zuletzt, kurz nach der Jahrtausendwende hatte er auch den Genfer Warenprüfkonzern SGS vor dem Abgrund gerettet.

Spitzenmanager im Pulli

Er fiel dabei immer wieder durch die Rigorosität seines Auftretens auf und überraschte mit ehrgeizigen Zielen. Sein Markenzeichen als Manager war auch der Pullover anstelle von Hemd und Kravatte. Bis 2010 sass er auch im Verwaltungsrat der Grossbank UBS. Da war er eine treibende Kraft beim Aufräumen, nachdem der Staat die Bank 2008 gerettet hatte.

Nicht nur beruflich, auch privat verband Marchionne daher viel mit der Schweiz. Seine Frau und Kinder wohnen nach wie vor in der Romandie. Er lebte grösstenteils in Turin, offizieller Wohnsitz blieb aber Schindellegi im Kanton Schwyz.

Neue Chefs für Fiat und Ferrari

Marchionne wollte sich eigentlich 2019 vom Posten bei Fiat verabschieden. Rückzugspläne bei Ferrari waren hingegen nicht bekannt. An der Spitze von Fiat steht nun der Chef der US-Geländewagen-Tochter Jeep, Mike Manley. Neuer Ferrari-Chef wurde Louis Camilleri, der zuvor unter anderem leitende Positionen beim Tabakmulti Philip Morris innehatte.

Marchionne prägte die Wirtschaftswelt

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Sergio Marchionne
Legende: key

Was zeichnet einen erfolgreichen Manager aus? Nein – nicht Anzug und Krawatte. Ein dunkler Pullover wie bei Sergio Marchionne tut's auch. Zudem schleppte der Italo-Kanadier drei Blackbarries und drei Iphones mit sich herum. Je ein IPhone und ein Blackberry für die Schweiz, für Italien und für Amerika. Versehen mit einem Farbcode für jedes Land.

Firmenchef und Verwaltungsrat Marchionne war stets erreichbar – rund um die Uhr, rund um den Globus. Er hatte den Ruf, ein guter Zuhörer zu sein. Ein grosszügiger Mensch. Bodenständig. Ein Macher, aber auch ein Visionär.

Leistung verlangt

Sein Wirken als Sanierer brachte ihm aber auch den Ruf ein, ehrgeizig und kompromisslos zu sein. Das bekamen nicht nur die Unternehmen, sondern auch die Gewerkschaften zu spüren.

Marchionne forderte Leistung ein: Wer etwas verspreche, dann aber nicht liefere, der müsse die Konsequenzen tragen, sagte er einst. Marchionne war bekannt für seine markigen Sprüche. Er war kein Freund von diplomatischen Floskeln. Er sprach Klartext – in seinen Unternehmen, oder an einem seiner sechs Telefone.

(Iwan Lieberherr)

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