Geplant war für heute Morgen ein Quartalsmediengespräch der Schweizerischen Nationalbank (SNB) zur Erläuterung der geldpolitischen Entscheide. Trotz der Leitzinserhöhung um 0.5 Prozentpunkte auf 1.5 Prozent stand die Rettung der Credit Suisse klar im Mittelpunkt des Gesprächs. SNB-Präsident Jordan nimmt zu beiden Themen Stellung.
SRF News: Herr Jordan, warum reichten die bisherigen Zinserhöhungen nicht aus?
Thomas Jordan: Wir haben mehr inflationären Druck aus dem Ausland, und auch die Zweitrundeneffekte sind stärker als bisher angenommen. Das bedeutet, dass wir die Geldpolitik mehr straffen müssen. Wir haben allerdings schon im Dezember gesagt, dass weitere Zinsschritte nicht auszuschliessen sind.
Weshalb gab es nicht noch eine stärkere Zinserhöhung?
Wir haben einen sogenannten Risikomanagementansatz bei der Geldpolitik. Wir überlegen immer, welche Risiken gibt es. Und es ist besser, wenn man einen Schritt macht und dann abwartet, was die Auswirkungen sind. Und dann in drei Monaten noch einmal überlegt, wie gross der weitere Bedarf ist, die Geldpolitik zu straffen. Wir haben jetzt immerhin 50 Basispunkte gemacht und werden in drei Monaten sehen, wo wir genau stehen.
Die Situation ist extrem angespannt, insbesondere im Bankenwesen. Wie stark könnte sich das auf die Konjunkturaussichten auswirken?
Das ist ein Risiko. Wir haben jetzt eine Konjunktur, die relativ flach verläuft. Wir gehen nur von einem Prozent Wachstum in diesem Jahr aus. Sollten sich international die Turbulenzen an den Finanzmärkten oder im Finanzsektor erhöhen, dann könnte sich das durchaus auch negativ auf das Wachstum in der Schweiz auswirken.
Zur CS: Sie haben am Mittwoch vergangene Woche die 50 Milliarden Liquiditätsgarantien gegeben. Diese Lösung reichte offenbar nicht. Weshalb nicht?
Es war wichtig, mit dieser Liquiditätsspritze die Notfallliquidität sicherzustellen. Für nachhaltige Lösung reicht Liquidität alleine nicht, wenn das Vertrauen in die Bank nicht vorhanden ist. Und wir hatten einen wirklich rasanten Verfall des Vertrauens in der letzten Woche. Deshalb war es wichtig, neben der Liquidität eine andere Lösung zu finden. Diejenige, die dann am Sonntag präsentiert worden ist.
Sie hätten schon viel früher Liquidität bereitstellen und sagen können, Sie stellen so viel bereit, wie nötig ist.
Das wäre sehr riskant, wenn man das im falschen Zeitpunkt sagt, dann löst man quasi den Run auf die Bank aus. Ein solches Signal gibt vielen Leuten das Gefühl, sie müssen das Geld wegnehmen. Deshalb ist es sehr kritisch, zu früh ein solches Signal zu geben.
Mir ist kein Druck aus dem Ausland bekannt
Sie waren im ständigen Austausch mit anderen Notenbanken auf dieser Welt. Gab es da Druck, eine schnelle Lösung zu finden?
Nein, es gab keinen Druck, eine spezifische Lösung zu finden. Es gab allerdings weltweit Sorge, dass die Finanzstabilität ein Risiko darstellt. Und deshalb war es im Interesse der Schweiz, hier eine Lösung zu finden.
Die jetzige Lösung wurde nicht quasi vom Ausland diktiert?
Das ist eine schweizerische Lösung. Mir ist kein Druck aus dem Ausland bekannt, diese Lösung explizit so zu machen.
Die «Financial Times» hat diese Woche für Aufsehen gesorgt, als sie schrieb, dass es am Mittwoch eine Sitzung gegeben habe, an der Sie auch dabei waren, an der man schon klar gesagt habe, die CS müsse mit der UBS fusionieren. Stimmt das?
Bei der Sitzung ging es darum, dass man schaut, welche Lösungen möglich sind. Und es war wichtig, dass man eine Lösung hat bis am Wochenende. Es war nicht klar, welche Lösung dann am Schluss zum Zuge kommt.
Das Gespräch führte Andreas Kohli.