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SNB und Umweltschutz «Wir dürfen keine Klimapolitik betreiben»

Die Milliarden der Nationalbank fliessen auch in Erdöl und Kohle. Laut Direktorin Andréa Maechler muss das so sein.

800 Milliarden Franken. Achtgrösste öffentliche Investorin weltweit. Und grosse Summen in Erdölfirmen investiert. Die Schweizerische Nationalbank (SNB) steht wegen ihrer Anlagepolitik zunehmend in der Kritik.

Im Interview mit «ECO» legt SNB-Direktorin Andréa Maechler nun ihre Sicht dar: «Klimapolitik ist nicht unsere Aufgabe.» Die Nationalbank habe eine andere, wichtige Aufgabe: für stabile Preise sorgen.

«Jeder profitiert von Preisstabilität, und wir können sie nur weiterführen, wenn wir unabhängig sind. Deshalb dürfen wir keine Klimapolitik betreiben.»

Öl-Aktien im Wert von über einer Milliarde Franken

Von den 800 Milliarden Franken der SNB sind rund 80 Prozent in Anleihen angelegt, 20 Prozent in Aktien. Während die SNB im Anleihen-Bereich laut eigenen Angaben Klimarisiken berücksichtigt, pocht sie im Aktien-Bereich auf Marktneutralität.

Das heisst: Sie kauft und verkauft Titel nicht nach eigenem Ermessen, sondern bildet grosse Indizes nach. Und in diesen Indizes haben Ölfirmen nach wie vor einen gewichtigen Platz.

So kommt es, dass die SNB aktuell Aktien im Wert von 750 Millionen Dollar des Ölmultis Chevron hält und im Wert von über eine Milliarde Dollar von Exxon Mobil. Das zeigen Dokumente der US-Börsenaufsicht.

Kritik an der SNB

Andréa Maechler rechtfertigt die Index-Strategie damit, dass die SNB ein hohes Mass an Liquidität brauche. «Wir müssen sicher sein, dass unsere Bilanz jederzeit einsetzbar ist für geldpolitische Zwecke».

Für Sergio Rossi hingegen, Volkwirtschafts-Professor an der Universität Fribourg, sind Öl- und Kohleinvestments heutzutage nicht mehr länger haltbar. Erst recht nicht, weil die SNB gemäss ihrer eigenen Anlagerichtlinien nicht in Firmen investieren darf, die systematisch gravierende Umweltschäden verursachen.

Die SNB müsste Firmen, welche die Umwelt schädigen, ausschliessen.
Autor: Sergio Rossi Professor für Volkswirtschaft, Universität Fribourg

«Was heisst 'systematisch gravierende Umweltschäden'?», fragt Rossi. Das sei eine Frage der Definition: «Die SNB müsste Firmen, welche die Umwelt auf irgendeine Weise schädigen, ausschliessen».

Und zwar nicht nur aus Umweltgründen, sondern auch aus finanziellen Überlegungen, findet Rossi.

Denn: Die SNB muss per Gesetz zur Finanzmarktstabilität beitragen. Das könne sie gar nicht mehr ohne Blick aufs Klima.

Klimawandel könnte den Banken zusetzen

Rossis Argumentation: Wegen Klimarisiken könnten Firmen an der Börse an Wert verlieren. Das setze Banken zu, welche diesen Firmen Kredite gegeben haben oder deren Aktien halten.

Wenn das Vertrauen in die Zahlungsfähigkeit der Banken sinkt, könnte der gleiche Dominoeffekt entstehen wie in der Finanzkrise.

«Wenn sich Banken untereinander nicht mehr genügend Geld leihen, könnten sie bankrottgehen», sagt der Fribourger Ökonom. Und folgert: «Die SNB muss zur Finanzstabilität beitragen, also muss sie Klimarisiken berücksichtigen».

Das tue sie, kontert Andréa Maechler. Die SNB schaue alle Risiken an, welche ihre Bilanz beeinflussen könnten. Sowohl Risiken für die Wirtschaft, als auch Risiken für die Finanzstabilität. Im Moment sei allerdings nicht klar, dass Klimarisiken die Finanzstabilität wirklich gefährden könnten.

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