Die Gemeinschaftswährung sollte die Europäische Union stärken und ihren Wohlstand sichern. Doch nun spaltet der Euro die EU. Eine Reihe von Ländern musste vor dem wirtschaftlichen Kollaps gerettet werden. Aktuell bewegt sich Italien mit seinem immensen Schuldenberg in der Nähe des Abgrunds.
SRF hat mit drei renommierten Ökonomen über Lösungen für die Gemeinschaftswährung gesprochen. Wer die Argumente liest, wird erkennen: Die Ansätze sind völlig unterschiedlich, das Thema entsprechend komplex. Es wird nicht einfach, den Euro zu retten.
1. Wieso ist die Euro-Zone in der Krise?
Heiner Flassbeck: Der Euro ist an sich an gar nichts Schuld. Schuld ist das Verhalten einiger Länder im Euro-System. Die einen haben über ihre Verhältnisse gelebt wie Griechenland und Italien, und ein Land hat dramatisch unter seinen Verhältnissen gelebt, nämlich Deutschland. Und beides ist in einer Währungsunion streng verboten.
Ashoka Mody: Eine einheitliche Geldpolitik engt wirtschaftlich schwache Länder zu sehr ein, für starke Länder ist sie hingegen zu lasch. Nehmen Sie Italien und Deutschland. Die Geldpolitik der EZB ist zu lasch für Deutschland und zu eng für Italien. Italien als wirtschaftlich schwächeres Land wächst dadurch noch langsamer. Deutschland ist wirtschaftlich stark und wächst dank der laschen Geldpolitik noch stärker.
Hans-Werner Sinn: Der Euro sollte ein Friedensprojekt sein, er sollte die Länder zusammen bringen. Er ist offenkundig genau das Gegenteil, weil er in Südeuropa diese inflationäre Kreditblase erzeugte, die anfangs Party war, aber dann den grossen Kater hervorgerufen hat wegen der fehlenden Wettbewerbsfähigkeit und der Massenarbeitslosigkeit.
4. Wie kann der Euro gerettet werden?
Hans-Werner Sinn: Für meine Begriffe geht es nur mit einer atmenden Währungsunion. Der Euro ist ein Club mit Regeln. Wer die Regeln nicht einhält, der muss auch aus dem Club heraus.
Es gibt kein Ersatzgeld von den Steuerzahlern, wenn jemand eine falsche Wirtschaftspolitik macht, sondern das Land muss sich selber helfen, entweder im Euro oder durch Austritt und Abwertung.
Und später kann es dann ja, wenn es seine Wirtschaft wieder in Ordnung gebracht hat nach der Abwertung, zu dem neuen Wechselkurs wieder rein.
Heiner Flassbeck: Die Lücke in der Wettbewerbsfähigkeit zwischen Frankreich und Italien auf der einen und Deutschland auf der anderen Seite muss beseitigt werden.
Sie kann man nur dadurch beseitigen, dass man in Deutschland die Löhne sehr viel stärker erhöht über eine sehr lange Zeit, und dass Italien und Frankreich – sie machen schon sehr moderate Lohnpolitik – so weitermachen wie bisher, so dass sich die Lücke irgendwann schliesst oder sogar ins Gegenteil verkehrt wird. Das muss man aber in der Zwischenzeit abfedern durch eine massive Nachfrage des Staates.
Ashoka Mody: Am wenigsten schmerzhaft wäre es für die Euro-Zone, wenn Deutschland aussteigen würde. Ich sage nicht, dass das für Deutschland einfach wäre, es wäre sogar schmerzhaft, aber in einem Ausmass, das Deutschland ertragen könnte dank seiner Wirtschaftskraft.
Die Folge wäre ein schwächerer Euro, der Italien zumindest zeitweise etwas Luft verschaffen würde.
Interviews: Alexandra Stühff, Stefanie Knoll, Thomas von Grünigen