Seit vier Tagen protestieren die Angestellten von ABB Sécheron in Meyrin (GE) gegen den Abbau von 150 Stellen, die nach Polen verlagert werden sollen. Remo Lütolf, CEO von ABB Schweiz, hat gegenüber «Schweiz aktuell» exklusiv Stellung genommen.
SRF: Der Kanton Genf hat über 11 Millionen Franken in Produkte der ABB investiert. Jetzt, nachdem Sie die Technologien entwickelt haben, gehen Sie ins günstigere Ausland?
Remo Lütolf: Wir erhielten 15 Millionen Franken für die Lieferung von 13 Schnellladestationen und das Equipment von 12 Bussen, die wir der Firma Hess liefern. Ansonsten floss kein einziger Franken in die ABB, den man als Subventionierung oder Fördergeld bezeichnen könnte.
Sie wollen nicht direkt mit den Genfer Behörden über die Firmenrestrukturierung verhandeln. Weshalb?
Wir haben in unserem Gesamtarbeitsvertrag einen Lösungsprozess mit den Sozialpartnern definiert. Da ist festgehalten, wie solche Verhandlungen zu führen sind, und da ist weder eine Involvierung der Gewerkschaft noch eine der Regierung vorgesehen.
Sie stellen der Gewerkschaft Unia bis heute um Mitternacht ein Ultimatum, damit diese die Fabrik verlässt. Was, wenn das nicht passiert?
Erstens haben wir Sicherheitsmassnahmen getroffen, haben die «Löcher» in dem ziemlich offenen Gelände geschlossen. Zweitens machen wir die Unia darauf aufmerksam, dass sie Hausfriedensbruch begeht.
Das ist ein offizielles Delikt, das wir allenfalls bei der Polizei anzeigen. Stellen Sie sich vor, irgendjemand von der Strasse kommt in Ihr Wohnzimmer, sitzt ab und sagt, jetzt will ich mit Ihnen diskutieren, bis eine Lösung da ist. Das geht einfach nicht.
Irritation bei der Unia
Die Unia und das Personal von ABB Sécheron begrüssten die konstruktiven Verhandlungen. Eine Delegation des Personals sowie der ABB-Direktion und einem Vertreter von Swissmem hätten sich zu Verhandlungen getroffen, teilte die Unia in einem Communiqué mit.
Mit dem Ultimatum von ABB-CEO Lütolf konfrontiert, zeigt sich der Genfer Unia-Sekretär Alessandro Pelizzari überrascht.
Er höre von diesem Ultimatum zum ersten Mal, sagte Pelizzari: «Wir sind einerseits in einem Konsultationsverfahren auf der Seite der Arbeitnehmer, was durchaus gesetzlich und gesamtarbeitsvertraglich geregelt ist. Andererseits haben wir heute den ganzen Morgen lang im Betrieb mit der ABB Verhandlungen geführt. Wir wurden von der ABB eingeladen, hier zu sein – deshalb verstehe ich nicht ganz, weshalb wir gleichzeitig drinnen verhandeln sollen, aber man uns draussen haben will.»
Das Gespräch führte Marc Meschenmoser.