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Steueranreize gegen Homeoffice Novartis: Kein ewiges Homeoffice für Grenzgänger

Arbeiten Grenzgänger im Homeoffice, muss die Firma auch im Ausland Gewinnsteuern bezahlen. Das will Novartis verhindern, wie der Konzern gegenüber SRF bestätigt. Denn im Ausland sind die Gewinnsteuersätze deutlich höher.

Die Ankündigung von Novartis-CEO Vas Narasimhan sorgte im Juli für viele Schlagzeilen: Der Konzern setzt voll auf Homeoffice – auch nach Corona. Künftig sollen die Angestellten in der Schweiz selbst wählen, ob sie in der Firma oder zu Hause arbeiten – sofern Homeoffice mit der Funktion vereinbar sei.

4000 Angestellte von Privileg ausgeschlossen

Ein beachtlicher Teil der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist aber von dieser Freiheit ausgeschlossen: die Grenzgängerinnen und Grenzgänger. Sie dürfen, wenn die Corona-Krise vorbei ist, maximal 25 Prozent ihrer Arbeitszeit im Homeoffice arbeiten.

Wir möchten die Unternehmenssteuer in der Schweiz zahlen.
Autor: Thomas Bösch Personalleiter Novartis Schweiz

Der Grund für diesen Entscheid von Novartis war bislang noch kaum Thema. Es geht um die Finanzen: Ein Teil des Unternehmensgewinns müsste der Konzern in jenem Land versteuern, in welchem die Angestellten im Homeoffice arbeiten. Im Fall von Novartis würde das hauptsächlich Deutschland und Frankreich betreffen.

Siegfried übernimmt 1000 Mitarbeitende von Novartis

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Logo der Firma Siegfried
Legende: Keystone

Der Pharmazulieferer Siegfried mit Sitz in Zofingen übernimmt von Novartis zwei Fabriken in Spanien. Zudem stellt Siegfried künftig wichtige Produkte für Novartis her. Mit der Übernahme wächst die Firma von heute 2500 auf rund 3500 Mitarbeitende. Damit gehören die Aargauer weltweit zu den grossen Auftragsproduzenten.

Wachstum: Neue Werke und Übernahmen

Bereits in den letzten Jahren ist Siegfried stark gewachsen, etwa mit einem neuen Werk in China und Übernahmen. Die Firma stellt nun nicht bloss Inhaltsstoffe her, sondern produziert fertige Medikamente. Für nächstes Jahr erwartet Siegfried laut eigenen Angaben einen Umsatz von rund einer Milliarde Franken.

Weil die Unternehmenssteuersätze in der Schweiz deutlich tiefer sind als in Deutschland und Frankreich, will Novartis, dass die Angestellten aus den Nachbarländern nach Corona wieder an ihren Arbeitsplatz in die Schweiz zurückkommen. Das bestätigt Thomas Bösch, der Personalleiter von Novartis Schweiz, gegenüber SRF: «Unsere Homeoffice-Freiheit gilt nur innerhalb des Landes und nicht über die Grenze hinaus.»

Ein Mann arbeitet am Laptop.
Legende: Das Steuersystem schafft Fehlanreize, so dass Firmen in Grenzgebieten zum Teil auf Homeoffice verzichten. Keystone

Hintergrund ist, dass Länder eine Gewinnsteuer verlangen, wenn Konzerne eine sogenannte Betriebsstätte errichten. «Wenn genügen Angestellte gewisser Funktionen im Homeoffice arbeiten, können Frankreich oder Deutschland das als Betriebsstätte definieren», sagt Thomas Bösch. «Dann wird dort versteuert.»

Deutlich höherer Steuersätze im Ausland

Der Blick auf die verschiedenen Gewinnsteuersätze zeigt grosse Unterschiede: In Basel zahlt Novartis rund 13 Prozent, in Frankreich liegt der Gewinnsteuersatz gemäss KPMG bei 28 Prozent und in Deutschland gar bei 30 Prozent. Grenzgänger im Homeoffice würden Novartis demnach teuer kommen.

Corona: 25-Prozent-Regel ausgesetzt

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Ein Mann arbeitet am Laptop.
Legende: Keystone

Derzeit können alle Grenzgängerinnen und Grenzgänger so lange im Homeoffice sein, wie sie möchten – ohne Folgen. Denn die 25-Prozent-Regel ist wegen Corona aufgehoben worden. Diese Frist gilt vorläufig bis Ende Jahr.

In der Schweiz beschäftigt Novartis rund 4'000 Angestellte aus dem grenznahen Ausland. Sie machen rund ein Drittel aller Angestellten hierzulande aus.

Weiteres Problem: die Sozialabgaben

Neben der Gewinnsteuerthematik müsste sich Novartis ausserdem mit einem administrativen Problem herumschlagen. Dabei geht es um die Sozialabgaben der Angestellten. Diese werden im Ausland abgerechnet, wenn Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter über 25 Prozent zu Hause arbeiten.

Diese Abrechnung neu aufzugleisen ist unglaublich kompliziert und auch sehr teuer.
Autor: Thomas Bösch Personalleiter Novartis Schweiz

«Für 4000 Grenzgänger diese Abrechnung neu aufzugleisen ist unglaublich kompliziert und auch sehr teuer», sagt Bösch. Auch darum werde Homeoffice für Grenzgänger nicht unterstützt, so der Personalleiter von Novartis. Gerade bei Sozialversicherungsabgaben wie der AHV gehe das ins Geld. Es würde sowohl die Mitarbeitenden wie auch die Firma ein Vielfaches von dem kosten, was sie in der Schweiz bezahlen.

Fehlanreize im Steuersystem

Der Fall Novartis zeigt, dass der Homeoffice-Boom wohl auch nach Corona anhält, dass es aber auch Fehlanreize gibt. Firmen versuchen ihre Kosten tief zu halten. Das führt vermutlich dazu, dass Grenzgänger häufiger zur Arbeit pendeln als nötig – obwohl die Gefahren der Pandemie noch immer präsent sind. Neben epidemiologischen Risiken sorgen diese Anreize auch für viel Pendelverkehr während Stosszeiten.

Regionaljournal Basel, 29.09.2020, 06:32 Uhr ; 

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