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Stromerzeugung aus Abwärme Stadtwerke wollen Winterstrom-Importe massiv senken

Mit Strom aus der Abwärme von Verbrennungsanlagen könnte die Schweiz ihre Stromlücke um bis zu 50 Prozent reduzieren. Zu diesem Schluss kommen die Schweizer Stadtwerke in einer neuen Studie, die SRF vorliegt. Am Mittwoch debattiert der Nationalrat über eine Anschubfinanzierung.

Noch ist es eine kühne Vision. Die Abwärme von Kehrichtverbrennungsanlagen oder Holzheizkraftwerken soll dereinst substanziell zur Schweizer Versorgungssicherheit mit Strom im Winter beitragen. Der Knackpunkt: Die dafür benötigten Wärme-Kraft-Koppelungs-Anlagen gibt es noch nicht, und ihr Bau lohnt sich für Investoren aktuell kaum.

Das Potenzial entspricht fast der Hälfte des heute importierten Stroms in der kalten Jahreszeit.
Autor: Thomas Peyer Berater Swisspower

Swisspower, ein Gemeinschaftsunternehmen von Schweizer Stadtwerken, fordert deshalb eine Anschubfinanzierung durch den Bund. In einer neuen Studie rechnet die Allianz vor, man könne im Optimalfall 500'000 Haushalte mit Strom beliefern. Das wäre vor allem in den Wintermonaten eine erhebliche Entlastung, sagt Studienautor Thomas Peyer: «Das Potenzial entspricht fast der Hälfte des heute importierten Stroms in der kalten Jahreszeit.»

Ersatz für Reserve-Kraftwerke?

Bis Wärme-Kraft-Koppelungs-Anlagen einsatzbereit wären, dauert es laut Peyer mindestens drei Jahre. In einem ersten Schritt will Swisspower 15 Standorte anvisieren. Mit diesen könne man rund ein Drittel der Kapazität der bestehenden thermischen Reserve-Kraftwerke in Birr AG, Cornaux NE und Monthey VS abdecken.

Die Kosten für die Anschubfinanzierung von Wärme-Kraft-Koppelungs-Anlagen beziffert Swisspower auf rund eine Milliarde Franken.

Schlot
Legende: Langfristig könnte Biogas als Brennstoff zum Einsatz kommen, um Abwärme ohne den Einsatz von fossiler Energie für die Stromproduktion nutzbar zu machen. SRF

Die Allianz lobbyiert nun kräftig für Unterstützung in Bern. Am Mittwoch entscheidet der Nationalrat, ob der Bund solche Projekte künftig fördern soll. Die Kommission für Umwelt, Raumplanung, Energie UREK hat sich im Vorfeld mehrheitlich dafür ausgesprochen.

Anlagen nicht emissionsfrei

Eine unmittelbare Dekarbonisierung brächten die Wärme-Kraft-Koppelungs-Anlagen aber nicht. Denn befeuert würden diese vorerst wie die bestehenden thermischen Notkraftwerke mit Gas oder Diesel.

Wir haben in der Schweiz noch ein unerschlossenes Potenzial für Biogas.
Autor: Patrik Feusi Geschäftsführer des Limmattaler Regiowerks

Längerfristig sei aber auch das lösbar, sagt der Geschäftsführer des Limmattaler Regiowerks Limeco Patrik Feusi: «Wir haben in der Schweiz noch ein unerschlossenes Potenzial für Biogas.» Langfristig könne dieses als Brennstoff zum Einsatz kommen, um Abwärme ohne den Einsatz von fossiler Energie für die Stromproduktion nutzbar zu machen.

Ausserdem hofft Feusi auf sogenannte «Power-to-Gas»-Anlagen, die ebenfalls erneuerbares Gas produzieren könnten. Eine solche Installation steht beim Limmattaler Regiowerk in Dietikon/ZH bereits heute. Für den grossflächigen Einsatz eignen sich solche Anlagen aber noch nicht.

Klimastreik-Bewegung übt Kritik

Wärme-Kraft-Koppelungs-Anlagen bedeuten also trotz der Aussicht auf eine Reduktion von Stromimporten im Winter kurzfristig nicht, dass die Schweiz von fossiler Energie wegkommt.

Entsprechend ist die Forderung nach einer Subventionierung umstritten. Die Klimastreik-Bewegung hat bereits ein Referendum in Aussicht gestellt.

10vor10, 2.05.2023, 21:50 Uhr

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