Der Arzt, die Ärztin als Einzelkämpfer, Tag und Nacht zur Stelle, einer riesigen Arbeitsbelastung ausgesetzt: Das gehört mehr und mehr der Vergangenheit an. Statt alleine arbeiten Hausärzte oder Spezialistinnen zunehmend zusammen.
Diese Zahlen bestätigen den Trend:
- In der Schweiz gab es 2014 über 1300 Ärztehäuser und Gruppenpraxen. Das sind rund 210 mehr als drei Jahre zuvor und entspricht einem Anstieg um 19 Prozent.
Die Dichte an Ärztehäusern ist in den Zentren am höchsten, in Gemeinden mit weniger
als 15’000 Einwohnern am geringsten. Das zeigt eine von der CS veröffentlichte Studie .
Gruppenpraxen und Ärztehäuser sind praktisch – für Ärzte, aber auch für Patientinnen und Patienten. Wer zum Beispiel mit Bauchschmerzen zum Arzt muss, profitiert von längeren Öffnungszeiten, hat schneller einen Termin, wird im Ärztehaus rascher und oft sogar besser behandelt, weil Allgemeinpraktiker Spezialisten unter einem Dach arbeiten und sich Patienten überweisen können.
In eine Gruppenpraxis, die oftmals längere Öffnungszeiten hat, begeben sich die Leute häufiger und lassen sich dort umfassender behandeln.
Die Gruppenpraxis kann ihre – oft teuren – medizinischen Geräte besser auslasten. Und gemeinsam haben die Ärzte auch die Kosten für die Administration und den Einkauf von Medikamenten und Verbandsmaterial besser im Griff. All das spreche dafür, dass der Boom anhalte, schreibt die Credit Suisse in ihrer neuesten Studie.
Ärztenachwuchs zieht Gruppenpraxis vor
Der Trend gehe weiter, sagt Ökonom Andreas Christen von der CS. Zumal viele ältere Hausärzte mit eigener Praxis bald in Pension gehen würden – und junge Ärzte eine Gruppenpraxis einer eigenen Praxis klar vorzögen. «Die jungen Ärzte, die nachkommen, wollen nicht mehr in Einzelpraxen, sondern in Gruppenpraxen arbeiten.» Das würden viele Umfragen zeigen, sagt Christen.
Doch was bedeutet das für die Gesundheitskosten, die seit Jahren stark steigen? Nicht unbedingt Gutes, warnt Verena Nold, Direktorin des Krankenkassenverbands Santésuisse: «In eine Gruppenpraxis, die oftmals längere Öffnungszeiten hat, begeben sich die Leute häufiger und lassen sich dort umfassender behandeln.»
Das führe zu höheren Kosten pro Patient und Jahr, bilanziert Nold. Gar nicht einverstanden mit dieser Kritik ist der Arzt Felix Huber vom Ärztenetz Medix mit rund 60 Praxen. Die Ärzte in seinem Netzwerk setzen voll auf das kostensparende Managed-Care-Modell, auch bekannt unter dem Kürzel HMO.
Dabei bekommen die Ärzte einen jährlichen Fix-Betrag pro Patient von der Krankenkasse. Mit diesem Betrag müssen sie die Patienten versorgen. «Da machen unnötige Untersuchungen keinen Sinn», so Huber.
Managed-Care-Modell ist das Zauberwort
Seine Ärzte hätten einen klaren Anreiz, kostengünstig zu arbeiten. «Es spielen nicht nur die eigenen, sondern auch die veranlassten Kosten eine Rolle: Also Spital-, Medikamenten- oder Spezialistenkosten. Und wenn man die Kostenentwicklung betrachten will, muss man die Gesamtkosten anschauen, da können wir aufzeigen, das wir bei Medix 15 bis 20 Prozent bei den Gesamtkosten einsparen können.»
Bei einem Fixbetrag pro Patient und Jahr machen unnötige Untersuchungen keinen Sinn.
Verena Nold von Santésuisse räumt ein: Solche Einsparungen lägen tatsächlich drin. Aber eben nur bei den vorteilhaften Versicherungs-Modellen wie Managed Care.
«Wenn man solche alternativen Versicherungsmodelle wählt und Gruppenpraxen auch dieses Abrechnungsmodell nehmen, so profitieren auch die Versicherten und Patienten von den neuen Gruppenpraxen.» Über einen Prämienrabatt von bis zu 20 Prozent fliessen die Effizenzgewinne zurück an die Patienten. Und die steigenden Gesundheitskosten können so wenigstens ein Stück weit gedämpft werden.
Fazit: Mehr Gruppenpraxen allein bringen nichts im Kampf gegen die Kostenexplosion. Sie können sogar ein Kostentreiber sein. Doch zusammen mit effizienteren Versicherungsmodellen sind Gruppenpraxen eben doch ein Kostendämpfer.