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Suzanne Thoma BKW-Chefin: «Die Kritik war unseres Erachtens noch nie fundiert»

Suzanne Thoma hat das Energieunternehmen BKW stark verändert. Die Folgen sind viel Kritik und gute Zahlen.

Als am 20. Dezember 2019 mit Mühleberg zum ersten Mal ein Schweizer Kernkraftwerk vom Netz ging, schaute die Öffentlichkeit hin. Die Betreiberfirma BKW hatte die Abschaltung gross inszeniert.

Kein Wunder, interpretierten es viele als politisches Zeichen des Berner Energieunternehmens.

Das sei es nicht gewesen, betont Konzernchefin Suzanne Thoma. «Der Entscheid war ein Nichtinvestitionsentscheid aus betriebswirtschaftlichen Gründen. Weitere Investitionen haben sich nicht gelohnt.»

Wer Suzanne Thoma schon länger kennt, der weiss, dass ihre politische Sicht eine andere ist. Als «ECO» sie 2013 porträtierte, sagte sie: «Das Abstellen eines sicheren und gut betriebenen Kernkraftwerks, ohne dass man Alternativen dazu hat, ist für mich schon nicht logisch.»

Kalkulierender Mensch

Aber Suzanne Thoma ist ein kalkulierender Mensch. Sie entscheidet sich für das, was erfolgversprechend ist.

Diese Strategie wendet sie nicht minder bei sich selbst an. Einst studierte sie Chemieingenieurtechnik an der ETH Zürich, promovierte sogar, weil sie davon überzeugt war, dass es eine solche Ausbildung an der Spitze eines Unternehmens brauche. Und dort wollte sie hin.

Sie trat den CEO-Posten bei der BKW an mit der Ansage, dass sich das Unternehmen angesichts der Energiewende stark verändern müsse, und zwar solange es dem Unternehmen noch gut gehe.

Rückblickend sagt sie heute: «Es gab am Anfang schon recht viel Widerstand – genau aus dem Grund, weil der Notstand ja noch nicht so offensichtlich war bei der BKW. Der wäre erst drei, vier Jahre später ganz klar geworden.»

Stromproduktion ist zur Nebensache geworden

Heute ist das Unternehmen ein anderes. Die Stromproduktion ist nur noch Nebensache. Stattdessen hat Suzanne Thoma den Stromhandel ausgebaut.

Und sie hat rund 100 Dienstleistungsfirmen in der Schweiz und im Ausland aufgekauft. Etwa Ingenieur-Büros oder Elektro-Installations-Betriebe. Vier von fünf BKW-Angestellten sind heute Dienstleister.

Diese Strategie hält sie für zukunftsweisend. Es sei um die Existenz der BKW gegangen. Mit dem Strompreiszerfall wären ihrer Meinung nach Umsatzrückgänge um ein Drittel auf das Unternehmen zugekommen.

Mit ihrem Expansionshunger hat sie sich viel Kritik eingehandelt. Sie bedränge als Unternehmen, das zu mehr als der Hälfte dem Kanton Bern gehöre, mit ihrer Marktmacht kleine KMU, heisst es. Suzanne Thoma hält diese Behauptung gleich für doppelt falsch.

«Herbeigeredetes Problem»

Sie nennt den Vorwurf der Marktmacht ein «herbeigeredetes Problem». In der Gebäudetechnik seien sie mit einem Marktanteil von rund drei Prozent «weit davon entfernt, irgendeine Dominanz zu haben.»

Zum Vorwurf, sie agiere mit öffentlichen Geldern, sagt sie: «Es sind keine öffentlichen Gelder. Wir haben zwar ein Aktionariat, in dem ein Öffentlicher ein wesentlicher Aktionär ist. Aber deshalb sind unsere Gelder nicht öffentlich, sondern erwirtschaftet im freien Markt.»

Sie findet: «Die Kritik war unseres Erachtens noch nie fundiert und hat uns deshalb vielleicht manchmal gestört, aber sicher nicht aufgehalten.»

Der Geschäftserfolg gibt Suzanne Thoma Recht. Sie steigerte den Umsatz auf zuletzt mehr als drei Milliarden Franken, hat in acht Jahren die Zahl der Angestellten verdreifacht und den Unternehmenswert ebenso.

Ganz so rasant soll es nicht weitergehen. Aber dass die BKW in ein paar Jahren noch grösser sein wird, daran lässt Suzanne Thoma keinen Zweifel.

ECO, 31.5.21

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