«Die jungen Mitarbeiter sind es gewohnt, selbst zu gestalten und zu agieren», sagt Christian Petit, der bei Swisscom für Grosskunden zuständig ist. Darauf müsse man sich einstellen. Holger Greif vom Swiss Center of Excellence for Digital Transformation nennt einen weiteren Aspekt: «Diese Generation hat ganz andere Ansprüche an Transparenz.» Es brauche keinen klassischen Manager mehr mit starren Hierarchien. Für Christian Petit sind die «Unternehmen ein Glashaus geworden». Es könne nichts mehr versteckt werden. Deshalb brauche es «eine grosse Ehrlichkeit in der Führung».
Hansi Voigt, der mit Watson ein neues Online-Portal lanciert hat, mahnt wegen dieser Gesichtspunkte an einen dezentralen Führungsstil. Chefs könnten nicht alles wissen. Sie müssten Inputs von ihren Mitarbeitenden zulassen. Vielleicht hätten diese schon eine viel bessere Lösung für das eine oder andere Problem gefunden.
«Ritzen an der Kreativität der Mitarbeiter»
Uneinig sind sich die Diskutanden darüber, wie sehr die Freizeit vor der Arbeit zu schützen ist und wie viel ein Chef hier vorgeben soll. Holger Greif warnt: Wer zulasse, dass alle ständig ihre E-Mails abriefen, ritze an der Kreativität seiner Mitarbeiter. «Das führt uns in eine Spirale, die die gesamte Belegschaft ausbrennt.» Christian Petit findet, man dürfe durchaus während der Freizeit E-Mails schreiben, solle diese aber dann nicht abschicken, sondern erst zu Bürozeiten. Vielleicht möchte man ja am Mittag joggen gehen, sagt Daniel Küng von Switzerland Global Enterprise, und sei dafür zu einer anderen Tages- oder Wochenzeit produktiver.
Franziska Tschudi Sauber vom Unternehmen Wicor appelliert vollkommen an die Eigenverantwortung der Mitarbeiter: «Wenn ich Lust habe, meine Mails am Samstag- oder Sonntagmorgen zu schreiben, dann heisst das nicht, dass die Mitarbeiter dann antworten müssen.» Jeder müsse sich selbst genügend Zeit nehmen, sich auszuruhen, «auch ausserhalb der digitalen Umgebung». Hansi Voigt findet gar, der Chef könne ja «heimlich arbeiten». Die Mitarbeiter sähen ja nicht, was er zwischen Feierabend und Arbeitsbeginn treibe.
Inwiefern die Vorgesetzten den Umgang mit digitalen Medien vorleben sollen, bleibt in dieser Diskussion umstritten. Weniger aber der Punkt, den Holger Greif zum Schluss betont: Man solle festlegen, was man von den Mitarbeitern in Bezug auf Digitalisierung erwarte – und das «proaktiv im Unternehmen kommunizieren». Die Mitarbeiter könnten nur nach Leitlinien handeln, wenn sie von diesen Kenntnis hätten.