Bestens gelaunt traten heute die Tamedia- und Goldbach-Vertreter vor die Medien, und verteilten den Journalisten Schokolade. Auch für die beiden Firmen sei die Übernahme wie ein Weihnachtsgeschenk, sagte Michi Frank, CEO der Goldbach-Gruppe: «Weil wir uns sehr, sehr gut ergänzen. Sie sind einem Feld, wir in einem anderen. Wir treffen uns in der Mitte und können erfolgreich zusammenarbeiten.»
Das Feld von Goldbach ist die Vermarktung von elektronischer Werbung. Goldbach vermarktet Werbung im Umfang von 500 Millionen Franken im Jahr für die deutschen Privatfernsehsender Sat1 und ProSieben sowie für die meisten Schweizer Privatradios. Tamedia dagegen ist stark im Print- und Onlinegeschäft – mit Marken wie «Tages-Anzeiger», «20 Minuten» und «Homegate».
Tamedia fand bei Goldbach eine Ergänzung. Mit anderen Worten: Ein Werbekunde kann bei Tamedia künftig Werbung für alle Kanäle buchen, also Inserate, Radio- und TV-Spots und Online-Werbung. Das sei ein grosser Vorteil.
Umso grösser, desto besser?
Überhaupt ist im Werbegeschäft die Grösse immer wichtiger geworden, also wie viele potenzielle Kundinnen und Kunden man erreicht. Und so muss man die geplante Übernahme in einem grösseren Rahmen verstehen: Das hat einerseits mit Admeira zu tun, dem gemeinsamen Werbevermarkter von SRG, Swisscom und Ringier.
Auf einmal trat ein Player im Schweizer Werbemarkt auf, der ebenfalls Werbung für alle Kanäle vermarktet. Und andererseits hat die Goldbach-Übernahme mit Google und Facebook zu tun. Denn diese bedrängen mit ihrer Marktmacht alle Schweizer Medienunternehmen, wie Michi Frank von Goldbach sagt: «Von einem Franken, der in den digitalen Bereich fällt, gehen rund heute 90 Rappen zu den grossen Konzernen aus Amerika. Das kann es nicht sein – und da versuchen wir, unsere Geschichte zu erzählen.»
Weil also immer mehr Werbegelder zu Google und Facebook fliessen, versuchen viele Schweizer Medienhäuser eine eigene Lösung zu finden. Werbemarktforscher Walter Weder von der Media Research Group, einem unabhängigen Marktforschungsunternehmen, beobachtet, wie schwer sie sich mit dieser Entwicklung tun: «Das Ganze kommt mir vor, als ob die Schweizer Werbeanbieter der Entwicklung hinterherlaufen. Diese wird nicht hier, sondern in den USA vorangetrieben.»
Die mittelgrossen Schweizer Medien werden bei dieser Entwicklung Mühe bekommen. Sie müssen sich noch mehr zusammentun, um mithalten zu können.
Da könnten Zusammenschlüsse von Schweizer Firmen ein gewisses Gegengewicht geben, aber die Übermacht von Google und Facebook bleibe.
Dafür wirke sich die Goldbach-Übernahme auch auf den Schweizer Werbemarkt aus, ist Weder überzeugt. Und zwar insbesondere auf mittelgrosse Medienhäuser wie die NZZ oder die AZ-Medien: «Die mittelgrossen Schweizer Medien werden bei dieser Entwicklung Mühe bekommen. Sie müssen sich noch mehr zusammentun, um mithalten zu können.»
Grösse ist also immer mehr Trumpf, so Weders Fazit. Unter Dach und Fach ist die Übernahme von Goldbach durch Tamedia übrigens noch nicht: Die Wettbewerbskommission muss sie noch beurteilen.