SRF News: Wie geht es der Schweizer Wirtschaft heute?
Thomas Jordan: Der Schweizer Wirtschaft geht es einigermassen gut, wir sind in einer Phase der Erholung. Das BIP-Wachstum liegt momentan bei etwa 1 bis 1,5 Prozent. Aber wir haben nach wie vor nicht ausgelastete Produktionsfaktoren und die Arbeitslosigkeit sinkt immer noch sehr langsam.
Unter dem Strich also eine positiv Entwicklung?
Wir haben eine positive Entwicklung, aber sie könnte stärker sein. Es gibt immer noch Sektoren, die unter dem starken Franken leiden und es gibt auch Sektoren, die sehr starken strukturellen Änderungen unterworfen sind.
Erwägt die Nationalbank, sich langsam aus der expanisven Geldpolitik zu verabschieden?
Nein, unsere Geldpolitik bleibt unverändert expansiv. Wir haben noch immer eine sehr tiefe Inflation. Die Produktionsfaktoren sind nicht ausgelastet und der Franken ist deutlich überbewertet. Das verlangt, dass wir mit unserer expansiven Geldpolitik weiterfahren.
Aber irgendeinmal müssen Sie sich bewegen. Wann?
Wir beobachten die Entwicklung der Inflation, wir beobachten auch die Entwicklung der Wirtschaft. Erst wenn diese zufriedenstellend sind, kann man an eine Veränderung der Geldpolitik denken.
Hätten Sie überhaupt den Mut, um mit Zinserhöhungen vorzupreschen?
Wir sind mutig und eigenständig, aber immer vor dem Hintergrund der wirtschaftlichen Entwicklung. Wir schauen, welche monetären Bedingungen für die Schweiz notwendig sind, damit wir unseren Auftrag erfüllen können. Wie entwickelt sich die Inflation, wie stark wächst die Wirtschaft? Dann entscheiden wir über unsere Geldpolitik. Wir machen das autonom, aber berücksichtigen selbstverständlich die Entwicklung der Weltwirtschaft.
Weshalb ist die Nationalbank mit Milliarden in amerikanische Technologiefirmen investiert?
Wir haben unsere Anlagestrategie. Ein Teil fliesst in Aktien. Wir investieren aber nicht in individuelle Unternehmen, sondern wollen den gesamten Aktienmarkt abdecken. Also schauen wir, welche Aktien in einem Index enthalten sind und investieren proportional zum Gewicht der Firmen.
Wäre dafür nicht ein Staatsfonds die einfachste Lösung?
Ein Staatsfonds ist keine gute Idee für die Devisenreserven der Nationalbank. Es handelt sich nicht um Eigenkapital der Nationalbank, das verteilt werden kann, sondern um die Bilanz der Nationalbank. Und wir haben eine vernünftige Anlagestrategie für diese Devisenreserven.
Sie haben erneut vor einer Überhitzung im Immobilienmarkt gewarnt. Warum?
Man muss das differenziert sehen. Auf der einen Seite ist das Wachstum bei den Hypotheken eher zurückgegangen. Die Immobilienpreise sind hoch, aber haben sich etwas stabilisiert. Doch die Zinsen bleiben sehr, sehr tief und es ist wichtig, dass sich alle Akteure dieser Risiken bewusst sind, also die Banken und die Käufer dieser Immobilien. Denn es wäre sehr attraktiv, weitere Immobilien zu kaufen, mehr Hypotheken zu vergeben. Und in diesem Fall besteht das Risiko, dass die Preise noch mehr steigen und die Kredite noch mehr anwachsen würden.
Aber es wird doch weniger gebaut, Implenia etwa entlässt Leute. Nimmt das Risiko einer Überhitzung nicht ab?
Die Ungleichgewichte sind nicht grösser geworden, aber immer noch vorhanden. Und deshalb haben wir darauf hingewiesen, dass es aus Sicht der Nationalbank wichtig ist, dass sich die Banken der Risiken bewusst sind, wenn sie Hypotheken vergeben. Und nicht zu viele Risiken eingehen, respektive immer genügend Kapital gegenüber den eingegangenen Risiken halten.
Haben Sie Hinweise auf Praktiken bei den Banken und Versicherungen, die Sie nicht goutieren?
Nein, wir sehen einfach dass sie weiterhin Risiken auf einem hohem Niveau eingehen, die Banken sind aber vergleichsweise gut kapitalisiert. Unsere Aufgabe ist es, auf diese Risiken hinzuweisen, sodass das Verhalten der Banken diese Hinweise auch reflektiert.
Das Gespräch führte Claudia Stahel.