1896 gründeten der Konstrukteur Richard Theiler und der Unternehmer Adelrich Gyr in Zug die Firma Theiler & Co. Sie produzierte Stromzähler, die Theiler selbst entwickelt hatte. 1904 übernahm Ingenieur Heinrich Landis den Betrieb und holte 1905 Karl Heinrich Gyr als Teilhaber dazu. Das Unternehmen beschäftigte damals 55 Angestellte.
Boom der Elektroindustrie
Unter Landis und Gyr setzte es zu einem ersten Höhenflug an: Die Zahl der Angestellten stieg auf 800, und 1914 wurde Landis und Gyr zudem in eine Aktiengesellschaft umgewandelt. Den Schritt ins Ausland hatte man schon hinter sich. In Berlin führte das Unternehmen ein Verkaufsbüro, und im Elsass besass es eine Zählerfabrik.
In den 1920er-Jahren expandierte Landis und Gyr weiter ins Ausland, übernahm Konkurrenten und stieg so zu einem globalen Technologiekonzern auf.
Stromzähler die einzige Konstante
Heute sind die Stromzähler von Landis und Gyr grau und haben eine Digitalanzeige. Früher waren sie weiss und hatten ein analoges Zählwerk.
Eine Grundfunktion ist aber seit über einem Jahrhundert unverändert geblieben: Die Zähler messen den Stromverbrauch. Selbstredend können die heutigen Geräte viel mehr und sorgen inzwischen dafür, dass das Stromnetz stabil bleibt.
Besitzer wechseln immer schneller
Verändert haben sich in den vergangenen Jahrzehnten auch die Besitzer von Landis und Gyr: 1987 verkauften die Erben von Karl Heinrich Gyr ihre Anteile an den Industriellen Stephan Schmidheiny.
«Ich möchte zunächst von Kontinuität sprechen und sagen, dass es unser Ziel ist, dieses Unternehmen als selbständiges Unternehmen in die Zukunft zu führen und seine Basis zu stärken», sagte der spätere Eternit-Gruppen-Chef Schmidheiny.
Australier zeigten Weitsicht
1995 übernahm die Beteiligungsgesellschaft Elektrowatt das Zepter, später Siemens und eine Reihe von Finanzgesellschaften, darunter Bayard Capital aus Australien. Die australischen Investoren setzten bei Landis und Gyr bereits Mitte der 2000er-Jahre auf die damals neuartigen, intelligenten Stromzähler.
Ein vorausschauender Entscheid, wie Rolf Wüstenhagen Professor für Energiemanagement in St. Gallen ein paar Jahre später sagte: «Der CEO Cameron O'Reilly aus Australien, der schon vor einigen Jahren eine quasi grüne Vision für Landis und Gyr entwickelt hat, lag damit nun offenbar richtig.»
Für 2,4 Milliarden nach Japan verkauft
Weil die Australier den richtigen Riecher hatten, konnten sie Landis und Gyr für den stolzen Preis von 2,4 Milliarden an den japanischen Technologiekonzern Toshiba weiter verkaufen.
Das Aktienpaket wollen die Japaner jetzt aber abstossen. Michael Düringer, Mediensprecher bei Landis und Gyr: «Toshiba prüft zurzeit verschiedene strategische Möglichkeiten. Das eine ist ein Verkaufsprozess, das andere ist der Börsengang. Für Landis und Gyr steht als Unternehmen der Börsengang klar im Vordergrund.»
Rückkehr an die Schweizer Börse?
Ganz freiwillig tut das Toshiba nicht: Die Japaner haben im vergangenen Jahr über acht Milliarden Euro Verlust gemacht und brauchen jetzt dringend neues Geld. Selbst wenn Landis und Gyr einen Börsengang favorisiert – und es nach über 20 Jahren eine Rückkehr an die Schweizer Börse wäre –, das Unternehmen ist nicht mehr dasselbe.
Nebst Strom messen die Geräte von Landis und Gyr heute beispielsweise auch den Gas- und Wasserverbrauch. Zudem ist das Traditionsunternehmen deutlich kleiner geworden. In 1970er Jahren, den besten Zeiten, haben am Hauptsitz in Zug über 10'000 Menschen gearbeitet – heute sind es noch wenige hundert. Die restlichen der über 6000 Angestellten sind rund um den Globus tätig.