Die Schweizer Skigebiete wittern ein Geschäft mit chinesischen Skitouristen. Doch trotz aller Anstrengungen: In nächster Zeit werden kaum Massen von Chinesinnen und Chinesen die Schweizer Pisten stürmen, wie Florian Eggli vom Institut für Tourismus und Mobilität der Hochschule Luzern erklärt.
SRF News: Welche Ziele verfolgt China in Sachen Wintersport?
Florian Eggli: Vor ein paar Jahren wurde die Zahl von 300 Millionen chinesischen Wintersportlern als Ziel bis 2022 kommuniziert. Dazu gehören aber auch Schneeschuhwanderer oder Curlerinnen und Curler. Dieses Ziel wurde sicher nicht erreicht, auch wenn die Begeisterung für den Wintersport in China im Hinblick auf die Olympischen Spiele stark gestiegen ist.
40 Millionen Chinesinnen und Chinesen fahren Ski.
Laut Schätzungen fahren heute rund 40 Millionen Chinesinnen und Chinesen Ski – rund drei Prozent der Bevölkerung.
Die Skimarken haben dieses riesige Potenzial erkannt – ist es auch von den Tourismusanbietern in der Schweiz erkannt worden?
Auf jeden Fall. Schon 2013/14 starteten Schweiz Tourismus und die Skischulen eine Initiative, um die chinesischen Skifahrer in die Schweiz zu locken. Dazu wurden beispielsweise Chinesen in der Schweiz zu Skilehrern ausgebildet, die sich in den Schweizer Skigebieten um die chinesischen Touristen kümmern sollten.
Chinesen wurden in der Schweiz zu Skilehrern ausgebildet.
Das Projekt wurde inzwischen wieder eingestellt, doch das Interesse der Schweizer Skiorte an chinesischen Wintergästen ist nach wie vor gross. Allerdings muss man wissen, dass sich die Gäste aus China anders verhalten als die bekannten Feriengäste aus Europa oder Amerika.
Was heisst das?
Die Chinesen sind skitechnisch weniger weit, sie lernen das Skifahren vor allem in Hallen in den grossen Städten. Sie haben also oftmals nicht die Fähigkeit, längere Zeit auf unseren Pisten Ski zu fahren. In China gibt es insgesamt etwa 800 Skigebiete, die aber nicht so gross und fahrerisch anspruchsvoll sind wie die Skigebiete in den Alpen.
Die Chinesen sind skitechnisch weniger weit.
Auch wird das Skifahren von den Chinesen eher als Inszenierung benutzt – für ein Selfie, als Erfahrung im Schnee, um mit Freunden Spass zu haben. Es sind nur am Rande dieselben Motive, wie wir das bisher kennen.
Ideale Kunden für die Skischulen also – es gibt noch viel zu lernen...
Das kann man so sagen. Allerdings gibt es auch Ermüdungserscheinungen oder Frustration bei den chinesischen Skischülern. Das Skifahren sieht so einfach und elegant aus, wenn man es beherrscht. Doch in Tat und Wahrheit ist es sehr mühselig und hart zu lernen, insbesondere für erwachsene Skischülerinnen und -schüler. Deshalb gibt es neue Konzepte, wie man ihnen das Skifahren beibringen kann – etwa vor Ort in China, in den erwähnten Skihallen.
Skiferien in der Schweiz sind sehr attraktiv – das hat Potenzial.
Muss man in den Skigebieten jetzt bald mit Busladungen voller Chinesinnen und Chinesen rechnen, welche die Schweizer Skiorte stürmen?
In den nächsten Jahren wird es kaum zu einem Massengeschäft mit Skitouristen aus China kommen. Dazu sind die Kosten zu hoch und die Distanz zu gross. Das Skifahren in Europa wird für Chinesen ein elitäres Nischenprodukt bleiben. Doch Skiferien in der Schweiz sind sehr attraktiv, es gibt gute Fotos und Storys in den sozialen Medien. Die Menschen, die solche Bilder verbreiten, werden als Pioniere wahrgenommen und streuen die Geschichten weiter. Deshalb hat das Ganze sicher Potenzial.
Das Gespräch führte Salvador Atasoy.
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