- In der Schweiz haben letztes Jahr 340'000 Menschen temporär gearbeitet; im kaufmännischen Bereich, auf dem Bau, in der Pflege und der Industrie.
- Rund 2,5 Prozent der Beschäftigten hierzulande arbeiten temporär. Das zeigen die neusten Zahlen des Branchenverbandes Swissstaffing .
- Gewerkschaften kritisieren, dass Temporärarbeit den Angestellten oft keine Sicherheit, wenig Lohn und kaum Perspektiven biete.
Zu seinem 50-Jahr-Jubiläum schenkt sich der Branchenverband Swissstaffing eine Imagekampagne. «Der Lifestyle einer neuen Generation», heisst es da etwa neben Bild einer jungen Angestellten an einer trendigen Bar.
Weiter wird propagiert: «Vieles ausprobieren, wenig auslassen, Erfahrungen sammeln, dazulernen, warten können und sich alle Optionen offenlassen.» Und einem Industriearbeiter werden die Worte in den Mund gelegt: «Temporärarbeiten erhöhen ihre Chancen auf eine Festanstellung.»
Hat Temporärarbeit eine Brückenfunktion...
Es ist ein freundliches Bild von der Temporärarbeit, das Myra Fischer-Rosinger, Direktorin des Branchenverbands Swissstaffing, zeichnet: «Wir wissen, dass etwa die Hälfte der Temporärmitarbeiter ganz bewusst temporär arbeitet.»
Diese suchten gar keine Festanstellung. «Bei den anderen, die eine Festanstellung suchen, funktioniert diese Brücke sehr gut», sagt Fischer-Rosinger. «Wir wissen das aus unseren Studien. Innerhalb eines Jahres bestehen gute Chancen, eine Festanstellung zu finden.»
...oder ist sie bloss ein Konjunkturpuffer?
Weniger gut ist Daniel Lampart, Zentralsekretär des Gewerkschaftsbundes, auf die Temporärarbeit zu sprechen. Temporärangestellte dienten – wie früher die Saisonniers – in erster Linie als Konjunkturpuffer: «In den meisten Betrieben gibt es nur bei Auftragsspitzen Temporärarbeit, also wenn es ausserordentlich viel Arbeit gibt.» Und viele Firmen bauten wenn nötig immer zuerst bei den Temporärarbeitern ab, erst am Schluss beim eigenen Personal.
Temporärarbeit biete zudem kaum berufliche Perspektiven. «Ein grosser Teil der Temporäreinsätze sind Hilfsarbeiten. Das liegt in der Natur der Sache», so Lampart. «Wenn man etwas Anspruchsvolles machen möchte, braucht es eine Einarbeitungszeit, und das ist bei kurzen Temporäreinsätzen nicht der Fall.»
Temporäre sind in ihren häufig wechselnden Einsatzbetrieben auch schlecht integriert: «Kaum hat man angefangen, ist schon wieder Schluss. Man nimmt nicht an betrieblichen Aus- und Weiterbildungsmassnahmen teil. Man hat auch kein Netzwerk im Betrieb. Wenn eine Stelle frei ist, kommt man nicht zum Zug. Und wenn ein Geburtstagsfest ist, ist man als Temporärer nicht dabei.»
Mehr Fachkräfte unter den Temporärarbeitern
Fischer-Rosinger hingegen verweist darauf, dass Temporäre für die Unternehmen immer wichtiger würden –und bei weitem nicht nur unqualifizierte Arbeiten erledigten: «Wir haben Mitarbeiter aus fast allen Branchen und auf fast allen Funktionsstufen. Mehr als zwei Drittel sind Fachkräfte. Knapp ein Drittel ist in Hilfsfunktionen tätig.»
Zudem biete der Verband für weniger Qualifizierte auch Beratungen an: «Dabei können die Personaldienstleister Menschen unterstützen, denen vielleicht eine Qualifikation fehlt, und eine Weiterbildung empfehlen, die für ihren Bildungsrucksack Sinn macht.» So erfülle Temporärarbeit einen wichtigen Zweck: Nämlich mitzuhelfen, dass möglichst viele Menschen gemäss ihren Fähigkeiten eine Stelle im Arbeitsmarkt finden könnten.
Gesamtarbeitsvertrag gegen schwarze Schafe
Einig sind sich beide Seiten darin, dass der seit einigen Jahren geltende Gesamtarbeitsvertrag die Lage in der Temporärbranche verbessert hat: «Bei der sozialen Absicherung, der Aus- und Weiterbildung, aber auch indem es die schwarzen Schafe unter den Temporärbüros schwieriger haben», so Lampart.
Der Branchenverband weist in seiner Imagekampagne ebenfalls ausdrücklich darauf hin, dass der GAV wichtig sei, um den Temporärangestellten – bei aller Flexibilität – mehr Schutz und Sicherheit zu bieten.