Seit einiger Zeit bieten Schweizer Autoversicherer ihren Kundinnen und Kunden Fahrtenschreiber an, die den Fahrstil erfassen und bei guten Resultaten mit Prämienverbilligungen winken. Im Ausland sind solche Methoden schon weit verbreitet: In Italien erhalten Neulenker ohne einen Fahrtenschreiber schon gar keine Autoversicherung mehr.
Kasko2Go geht in der Schweiz seit dem Frühjahr einen anderen Weg: Statt eines Fahrtenschreibers zeichnet eine App das Fahrverhalten auf. Festgehalten werden etwa Geschwindigkeit, Beschleunigung oder Bremsmanöver unter Berücksichtigung externer Faktoren wie des Wetters oder des Strassenzustandes. Aus der App heraus kann man auch gleich eine Versicherung abschliessen.
43 Mal schnell beschleunigt, 30 Mal scharf gebremst
Wir haben die App auf einer Teststrecke des TCS im Zürcher Oberland getestet. Tatsächlich hat sie unseren rowdyhaften Fahrstil erkannt und 43 Mal eine schnelle Beschleunigung, 30 Mal scharfes Bremsen und 10 Geschwindigkeitsüberschreitungen festgestellt.
Allerdings misst die App sehr streng: Auch auf dem Rückweg – wieder auf normaler Strasse und vermeintlich vorbildlich fahrend – zählte sie noch 11 schnelle Beschleunigungen und 15 scharfe Bremsmanöver.
Aufgrund dieser Daten sank die Bewertung unseres Fahrstils auf 0 von 100 Punkten – eine am Fahrstil ausgerichtete Prämienverbilligung rückt so in weite Ferne. Da auch die gefahrenen Kilometer berücksichtigt werden, wäre trotzdem noch eine Vergünstigung möglich.
«Pay how you drive»
Während Krankenkassen ihren Kunden eine Prämienverbilligung anbieten, wenn diese ihnen Daten aus einem Fitnesstracker zur Verfügung stellen, senken nun also Autoversicherungen die Prämien aufgrund der Angaben aus einem Fahrtenschreiber oder einer App. Neben Kasko2go bieten in der Schweiz auch Axa, die Mobiliar oder Baloise ähnliche Versicherungsmodelle an.
«Pay how you drive» heisst das in der Fachsprache, wenn sich die Prämie am Fahrstil ausrichtet. Bei Kasko2go können besonders gute Fahrerinnen mit einer Verbilligung von 20 Prozent rechnen, gute Fahrer mit 10 Prozent. Alle anderen zahlen die volle Prämie, von der Kasko2go sagt, dass sie unter den Marktpreisen liege.
Herkömmliche Autoversicherungen teilen ihre Kunden dageegen unabhängig vom Fahrstil in Risikogruppen ein. Das führt dazu, dass man je nach Alter, Geschlecht, Kanton oder sogar Nationalität unterschiedliche Prämien zahlt.
Daten werden nicht weitergegeben
Gut 300'000 Fahrtdaten haben die Macher von Kasko2go zusammengetragen und mit der Unfallstatistik der jeweiligen Lenker vergleichen. So konnten sie ein mathematisches Modell entwickeln, das gute und schlechte Fahrer erkennt.
Die ursprünglichen Daten wurden in osteuropäischen Ländern gesammelt, sollen sich aber auf die Schweiz übertragen lassen. Mit den neuen Angaben der Schweizer Kunden wird das Modell laufend verfeinert.
«Wir brauchen die Daten einzig zum Berechnen des Fahrstils und geben sie unter keinen Umständen an Dritte weiter», versichert COO Dimitri Wulich. Wie man die Daten trotzdem noch weiter auswerten könnte, erklärte Genadi Man, der Gründer von Kasko2go, in der «NZZ am Sonntag»: Aufgrund der Aufzeichnungen liessen sich auch zuverlässige Aussagen machen, welche Strecken besonders gefährlich sind. Ebenso könnten sie zur Warnung der Kunden dienen, wenn zum Beispiel eine Baustelle erhöhte Aufmerksamkeit erfordert.