Das Bild vom verschwiegenen Schweizer Bankenplatz, der bereitwillig dubiose Gelder aus dem Ausland aufbewahrt, ist schon länger nicht mehr aktuell. Seit 1998 gilt das Schweizerische Geldwäschereigesetz, viel länger bereits die Sorgfaltspflichten für die Banken. Und spätestens seit der automatische Informationsaustauches dieses Jahr in Kraft getreten ist, will sich keine Bank mehr die Finger am Geschäft mit unversteuerten ausländischen Geldern verbrennen.
Doch: Die Schweizer Banken sind der Geldtresor der Reichen dieser Welt geblieben. Die Schweiz ist noch immer das grösste Offshore-Finanzzentrum der Welt, 2400 Millarden US-Dollars aus dem Ausland werden hier verwaltet. Das ist fast ein Viertel aller Offshore-Gelder weltweit.
Herbert J. Scheidt, Präsident der Schweizerischen Bankiervereinigung, merkt zum Thema Offshore-Banking an: «Wir sprechen heute nur noch von transparentem Cross-Border-Geschäft. Und dieses ist nach wie vor sehr wichtig für die Schweizer Banken.»
Andere Offshore-Finanzzentren wachsen schneller
Doch Konkurrenz droht: Heute stammen bereits 65 Prozent der Offshore-Gelder nicht mehr aus den alten Industrieländern. Besonders aus Lateinamerika, aus dem mittleren Osten und aus Afrika fliessen viele Gelder ins Ausland. Ein Viertel der gesamten Privatvermögen aus diesen Grossregionen liegen in Offshore-Finanzzentren. Unter den Offshore-Finanzplätzen wuchsen zuletzt vor allem Hong Kong und Singapur aufgrund ihrer Nähe zu den Wachstumsregionen stark.
Eine Studie der Boston Consulting Group sieht die Schweiz aber auch über 2020 hinaus an der Spitze der Offshore-Finanzplätze. Dies wegen «der hohen Servicequalität, der vielseitigen Angebote, der politischen Stabilität, der sicheren Währung und der zentralen Lage innerhalb Europas».
Für die Schweizer Banken sei das Geschäft mit Offshore-Geldern gerade im aktuellen Umfeld besonders wichtig, sagt Wirtschaftsrechtler Peter V. Kunz: «Beim heutigen Tiefzinsniveau ist es für die hiesigen Banken immer schwieriger, mit Schweizern Geld zu verdienen. Deshalb ist man speziell auf Gelder aus dem Ausland angewiesen.»
Insgesamt nimmt der Anteil an Offshore-Geldern ab
Ausländisches Kapital habe allerdings nach wie vor oft ein schlechtes Image. Viele würden noch immer rasch einen kriminellen Ursprung vermuten. Doch das sei prinzipiell nicht richtig, denn die Schweiz habe genügend Sicherheitsmechanismen, betont Kunz.
In die gleiche Kerbe schlägt Jörg Gasser, der Staatssekretär für internationale Finanzfragen im eidgenössichen Finanzdepartement: «Wir haben einen sehr strikten Rechtsrahmen. Wir tauschen Steuerinformationen automatisch aus und verfügen über strenge Geldwäschereiregulierungen.» Es sei deshalb durchaus auch im Sinn des Finanzdepartements, dass die Schweiz im Offshore-Banking stark bleibe.
Die Tradition der Schweiz als sicherer Hafen für ausländische Gelder dürfte sich trotz des automatischen Informationsaustausches fortsetzen. Die Studie der Boston Consulting Group prognostiziert für die Schweiz ein Wachstum der Offshore-Gelder um rund drei Prozent bis 2021. Gemäss der Studie nimmt der Anteil der im Ausland verwalteten Gelder insgesamt aber ab. Während es 2015 sechs Prozent aller Gelder waren, sollen es 2020 noch geschätzte fünf Prozent sein.