Die Angst vor US-Sonderzöllen auf europäische Fahrzeuge geht in Deutschland umher. Laut verschiedenen Medienberichten kommt das US-Handelsministerium zum Schluss, dass Importe von EU-Autos eine «Bedrohung für die nationale Sicherheit» darstellen.
Das Ministerium hatte am Sonntag US-Präsident Donald Trump einen entsprechenden Bericht übergeben. Vertritt das Ressort tatsächlich diese Sicht, könnte der US-Präsident binnen 90 Tagen darüber befinden, ob er Sonderzölle erheben will.
Merkel findet scharfe Worte
Die deutsche Bundesregierung rechnet jedenfalls damit, dass das Handelsministerium die Einfuhren von Autos und Autoteilen als Gefahr einstuft. Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte am Wochenende bei der Münchner Sicherheitskonferenz gesagt, die bevorstehende Entscheidung des US-Handelsministeriums sei für Deutschland erschreckend. Sie verstehe nicht, wie die Amerikaner deutsche Autos als Gefahr für die nationale Sicherheit einstufen könnten.
Zuletzt waren Sonderzölle in Höhe von 25 Prozent im Gespräch. Trump will dadurch das US-Handelsdefizit in den USA abbauen und Jobs in seinem Land schaffen. Besondere Gefahr droht der deutschen Autoindustrie. Für sie sind die USA der zweitwichtigste Exportmarkt. Im vergangenen Jahr lag der Wert allein der Pkw-Exporte aus Deutschland in die USA gemäss dem Statistischen Bundesamt bei fast 22 Milliarden US-Dollar.
Das deutsche Ifo-Institut für Wirtschaftsforschung stellt denn auch düstere Prognosen für die deutschen Autobauer. Sollten die USA die Importzölle tatsächlich dauerhaft auf 25 Prozent erhöhen, rechnen die Ökonomen langfristig damit, dass die Exporte in die USA um die Hälfte einbrechen. Die Exporte der gesamten Autoindustrie würden um 7.7 Prozent zurückgehen.
Wichtiger Exportmarkt
Schaut man sich die Aufteilung des US-Automarktes von 2017 an, so wird ersichtlich, dass die deutschen Autobauer dort zwar eher eine kleinere Rolle spielen. Mit 8.1 Prozent lagen die Volkswagen-Gruppe, Daimler und BMW relativ weit hinter der Konkurrenz aus den USA oder Japan.
Dennoch sind die USA ein wichtiger Exportmarkt für die deutsche Automobilindustrie. Nur nach Grossbritannien lieferte man 2017 mehr Autos.
Dementsprechend besorgt zeigt sich der Verband der deutschen Automobilindustrie (VDA). Eine Einstufung solcher Einfuhren als Bedrohung der nationalen Sicherheit in den USA sei nicht nachvollziehbar. Die Autobauer verwiesen insbesondere auf ihr Engagement im Land.
Auch Kanzlerin Merkel erwähnte in ihrer Rede in München die vielen Arbeitsplätze, welche die deutsche Automobilindustrie schaffe: «In South Carolina ist das grösste BMW-Werk – nicht in Bayern.»
Den Wert europäischer Auto- und Autoteilexporte in die USA insgesamt hatte die EU-Kommission zuletzt auf mehr als 50 Milliarden Euro pro Jahr geschätzt. Europa droht deshalb schon mit Vergeltung.
Die EU-Kommission will in dem Konflikt nicht nachgeben. Sollte US-Präsident Trump zusätzliche Zölle auf europäische Autos verhängen, werde die EU umgehend reagieren, sagte ein Sprecher der Brüsseler Behörde.