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UBS-Prozess in Frankreich «UBS gibt sich kämpferisch»

Die UBS will den Vorwurf, sie habe in Frankreich Steuersündern geholfen, Geld vor dem Fiskus zu verstecken, nicht auf sich sitzen lassen. Sie will die Angelegenheit von einem Gericht klären lassen. Heute beginnt in Paris der Prozess. Iwan Lieberherr von der SRF-Wirtschaftsredaktion erklärt, weshalb die Grossbank in diesem Fall nicht wie bisher auf einen Vergleich gesetzt hat.

SRF News: Ein Prozess statt ein Vergleich – ist dies aussergewöhnlich?

Iwan Lieberherr: In der Tat. Denn bis anhin schlossen die UBS und auch andere Banken vornehmlich aussergerichtliche Vergleiche ab. Man zahlte, und die Sache war erledigt, ohne dass wirklich geklärt wurde, ob da tatsächlich etwas Illegales geschehen ist. Man dachte sich wohl, es sei besser, die Sache rasch vom Tisch zu haben. Denn ein langes Gerichtsverfahren von einer Instanz zur nächsten kann teuer werden. Und es ist immer mit neuen, vor allem negativen Schlagzeilen verbunden, was dem Image einer Bank nicht zuträglich ist.

Warum wählte die UBS im Fall Frankreich diese Vorwärtsstrategie?

Das hängt wohl damit zusammen, dass Frankreich ziemlich aggressiv aufgetreten ist. Der frühere Regierungschef François Hollande kritisierte nicht nur einzelne mutmassliche Steuersünder oder Banken, sondern er kritisierte gleich das ganze Schweizer System. Die UBS betonte denn auch immer, es sei ein politischer Prozess – auch weil ständig Informationen von den Untersuchungsbehörden an die Medien gelangten. Es sei eine regelrechte Kampagne gegen die UBS gelaufen, so der Vorwurf.

Die UBS hätte sich auch in Frankreich freikaufen können, aber zu einem sehr hohen Preis.

Die UBS gibt sich vor dem Prozess kämpferisch. Nach mehr als sechs Jahren Verfahren habe man nun endlich die Gelegenheit, auf die unbegründeten und den Medien zugespielten Anschuldigungen antworten zu können, liess die UBS verlauten. Die UBS hätte sich auch in Frankreich freikaufen können, aber zu einem sehr hohen Preis – mehr als eine Milliarde Euro. Womöglich sagte man sich auch deshalb: «Nein, jetzt lassen wir es darauf ankommen.» Zum Vergleich: In Deutschland konnte sich die UBS mit 300 Millionen Euro freikaufen.

Was wird der UBS in Frankreich genau vorgeworfen?

Sie soll in den Jahren 2004 bis 2012 Franzosen geholfen haben, Geld vor dem Fiskus zu verstecken. Schweizer Banker seien nach Frankreich gereist, um Kunden anzuwerben, was illegal gewesen sei. Man habe Kunden an Tennis- und Golfturniere oder an Konzerte eingeladen.

Die UBS entgegnete, es sei durchaus legal gewesen, dass Schweizer Banker nach Frankreich reisten. Denn sie hätten keine neuen Kunden angeworben, sondern bestehende Kundenbeziehungen gepflegt. Das sei ein wichtiger Unterschied. Ferner steht auch noch der Vorwurf der Geldwäscherei im Raum, weil die UBS Erträge aus Steuerbetrug wieder angelegt habe. Die Klage richtet sich gegen die UBS selbst, ihre französische Tochter sowie einzelne frühere Mitarbeiter. Der wohl bekannteste dabei ist der ehemalige Vermögensverwaltungschef Raoul Weil. Er war schon in den USA angeklagt worden und wurde dort freigesprochen.

Raoul Weil
Legende: Weil war von 2004 bis 2008 der Chef der internationalen Vermögensverwaltung bei der UBS. Reuters

Um wie viel Geld geht es eigentlich in diesem Fall?

Das ist eine gute Frage. Die Staatsanwaltschaft stützt sich auf zwei Listen mit Kundennamen. Auf der ersten geht es um elf Milliarden Euro, die bei der UBS angelegt worden seien. Auf der zweiten ist von achteinhalb Milliarden die Rede. Die Staatsanwälte behaupten, 99 Prozent dieser Gelder seien nicht versteuert worden. Das muss natürlich noch bewiesen werden. Es stellt sich also die Frage, wie viel davon tatsächlich nicht versteuert war. Und davon hängt auch ab, wie hoch die Busse ausfällt, falls die UBS verurteilt wird.

Das Gespräch führte Joël Hafner.

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