Vor der Frauenfussball-EM steigt das Interesse am grössten Sportanlass in der Schweiz seit Jahrzehnten. Die Uefa hat rekordmässige 600'000 Tickets verkauft.
Gross ist die Vorfreude bei Fans, aber auch bei Marken, die sich von der Europameisterschaft einen Werbe-Effekt erhoffen. Der Sport boomt und einige Spielerinnen, wie beispielsweise die Schweizerin Alisha Lehmann, sind weltweit bekannte Social-Media-Stars.
Mehr Sichtbarkeit für den Frauenfussball
Für die EM fliessen Sponsoring-Gelder von umgerechnet 38 Millionen Franken an die Uefa. Fast drei Mal mehr als an der EM vor drei Jahren.
Neben grossen Unternehmen wie Heineken, Visa und Pepsi, treten in der Schweiz unter anderem UBS und Coop als Sponsoren auf, und neu schreiben sich auch Swissquote und Swisscom den Frauenfussball auf die Fahne. Die Axa-Versicherung gilt als Pionierin: Sie unterstützt den Frauenfussball seit 2019 und hat diesem zu mehr Sichtbarkeit verholfen.
Frauen werden im Fussball selbstbewusst als Heldinnen zelebriert.
Frauenfussball sei eine viel breitere Plattform geworden, sagt Werberin Regula Bührer Fecker, Inhaberin von La Stratégiste. «Spannend finde ich auch, dass die Firmen nicht mehr nur Diversitäts- und Inklusions-Engagements daraus machen, sondern dass sie Frauen im Fussball selbstbewusst als Heldinnen zelebrieren.»
Unterstützung nur für Top-Spielerinnen
Und was sagen die Nati-Spielerinnen? Von ihnen können vor allem diejenigen vom Sport leben, die in ausländischen Ligen spielen. Die Frauen spüren das gestiegene Sponsoring-Interesse.
Sind die Sponsoren nach der EM auch noch da?
«Das ist sicher gut», sagt Nati-Spielerin Meriame Terchoun, aber es gehe um Sponsoring auf höchsten Spielerinnen-Niveau. «Die Spielerinnen der Nationalmannschaft und auch in den höchsten Europäischen Ligen sind natürlich immer interessant». Bei den Männern dagegen fänden auch weniger hochklassierte Spieler noch Sponsoren. «Ich hoffe schon, dass die Unterstützung etwas breiter wird», sagt Terchoun.
Und: «Mir fällt auf, dass viele Firmen auf den EM-Zug aufspringen wollen. Für mich stellt sich die Frage: Sind die Sponsoren nach dem Anlass auch noch da?»
Perspektiven für ambitionierte Fussball-Mädchen
Mehr Unterstützung für den Frauenfussball? Die Voraussetzungen seien gut. Das Interesse am Sport habe in der Schweiz schon vor der EM zugenommen, sagt Peter Knäbel, designierter Präsident des Schweizerischen Fussballverbands.
Mit Nati-Spielen, den Meisterschafts- und Cupfinale habe man fünfstellige Zuschauerzahlen. «Das heisst: ein Markt ist da. Aber dieser muss es auch schaffen, dass Spielerinnen, Schweizer, junge Spielerinnen eine Perspektive haben, dass jedes Mädchen in der Schweiz sagen kann: Ich habe eine Perspektive als Profispielerin. Und das muss eben auch schon in der Schweiz möglich sein. Dafür kämpfen wir.»
Frauenfussball lockt noch Wenige ins Stadion
Fakt ist aber auch: Die Beachtung des Sports bei den Fans ist im Vergleich zum Männer-Fussball noch überschaubar. Gerade einmal 569 Zuschauerinnen und Zuschauer sollen im Schnitt ein Spiel in der Schweizer Frauen-Superliga besuchen – bei den Männern sind es 12'314 Zuschauer.
Je erfolgreicher die Frauen-Nati an der EM, desto grösser wohl die Chancen für noch mehr Beachtung des Sports. Veranstalter, Austragungsorte und die Frauen hoffen, dass die erhöhte Aufmerksamkeit von Sponsoren und Medien auch über die EM hinaus anhält.