Die Angestellten der Schweizer Luxusuhren-Produktion zittern um ihre Jobs. Alleine 8'000 Menschen – vor allem Grenzgänger – arbeiten im Vallée de Joux im Jura in der Uhrenindustrie.
«Ich sehe nur ein Drittel der Parkplätze besetzt. Sonst sind sie voller Autos», sagt der pensionierte Uhrenmechaniker Erwin Lämmler vor einem Produktionsstandort in Le Brassus.
«Luxusuhren – das läuft immer, aber nicht mehr so wie bisher. In den nächsten zwei bis drei Jahren geht die Produktion zurück».
Lämmler kennt die bewegten Zeiten der Schweizer Uhrenindustrie. Er hat 40 Jahre lang im Vallée de Joux gearbeitet.
Die Krise wird wohl noch andauern. Die weltweiten Uhrenexporte brachen im ersten Halbjahr 2020 wegen der Corona-Krise um 36 Prozent ein. Die Bank Vontobel prognostiziert erst für nächstes Jahr eine Erholung.
Im Vallée de Joux produzieren die grossen Luxusuhren-Hersteller ihre Uhren: Patek Philippe, Breguet, Audemars Piguet, Blancpain, Jaeger le Coultre und Vacheron Constantin.
«Haben Sie Angst, Ihren Job zu verlieren?», fragt «ECO» zwei Angestellte. «Ja, vermutlich wie alle», sagt ein Lehrlingsausbildner. Er sei aber zuversichtlich. Sein Arbeitgeber habe in früheren Krisen keine Entlassungen ausgesprochen.
«Es gibt nicht viele Bestellungen», sagt eine Uhrenmechanikerin. «Die, die aus den Ferien zurückkommen, wissen nicht, ob es wieder mehr zu tun gibt. Sie fürchten, dass es noch schlimmer wird.»
Luxusuhren-Firmen: Reichen die Reserven?
Kein Verständnis für Entlassungen hat die Gewerkschaft Unia im Vallée de Joux. «Wir fordern von den Unternehmen, dass sie niemanden entlassen wegen dieser Covidkrise, denn wir wissen: Sie haben die finanziellen Mittel, um diese Krise zu bewältigen», sagt Camille Golay, Gewerkschaftssekretärin der Unia im Waadtländer Jura.
François Henry Bennahmias, Chef des Luxusuhren-Herstellers Audemars Piguet, verspricht: «Wir werden niemanden entlassen». Er befürchtet vielmehr, dass Zulieferer betroffen sein werden, weil die Hersteller nicht mehr bei ihnen bestellen.
«Das ist eine grosse Gefahr für die Uhrenindustrie. Denn Marken brauchen Volumen, um erfolgreich zu sein, und deshalb müssen auch die Zulieferer am Leben bleiben», sagt Bennahmias.
Dubois Dépraz ist ein solcher Zulieferer von Uhrenteilen im Vallée de Joux. Dessen Chef wollte dazu vor der Kamera keine Stellung nehmen. Am Telefon sagt er aber zu «ECO», die Industrie sei noch nie so getroffen worden wie jetzt.
Kleineren geht das Geld schneller aus
Von einem Jobbabbau könnten im Herbst vor allem kleinere Hersteller, Zulieferer und Uhrenhändler betroffen sein.
Das deutet Jean-Claude Biver an, langjähriger Uhrenmanager, heute Ehrenpräsident von Hublot. Er prognostiziert: «Kleine Firmen werden im Herbst bestimmt Probleme bekommen wegen der mangelnden Liquidität».
Die grossen Unternehmen haben laut Biver die Chance, sogar noch grösser zu werden, weil die Menschen auf Sicherheit, Tradition und bekannte Namen setzen.
Ob diese Rechnung aufgeht? Die Entlassungen bei Girard-Perregaux und Ulysee Nardin deuten eher in eine andere Richtung.