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Umstrittenes Engagement Tourismusgeschäfte mit Saudi-Arabien: Die Rolle der Schweiz

Saudische Feriengäste sind in der Schweiz gern gesehen: Sie geben viel Geld aus. Heikler wären Reisen in den Golfstaat.

Rund 420 Franken gibt ein Feriengast aus Saudi-Arabien gemäss Schweiz Tourismus in der Schweiz pro Tag aus. Wohl auch wegen ihres überdurchschnittlichen Budgets sind saudische Touristinnen und Touristen in der Schweiz gern gesehene Gäste.

Wir wollen den Markt Saudi-Arabien ausbauen.
Autor: Martin Nydegger Direktor Schweiz Tourismus

Golfstaaten-Reisende sind für die Schweiz der sechstgrösste ausländische Markt. Und: «Wir wollen den Markt Saudi-Arabien ausbauen», sagt Martin Nydegger, Direktor der nationalen Marketing-Organisation Schweiz Tourismus. Saudis reisen abseits der Hochsaison in die Schweiz, was zusätzlich attraktiv sei.

Zwei Frauen in Burka und eine mit Kopftuch gehen mit Einkaufstaschen auf dem Trottoir.
Legende: Touristinnen aus Saudi-Arabien in Interlaken Keystone/PETER KLAUNZER

Schweiz Tourismus hat im vergangenen Herbst in Riad eine Aussenstelle eröffnet, um den dortigen Markt zu bearbeiten.

Zudem haben Schweiz Tourismus und die Saudische Tourismusbehörde Anfang Februar eine «Partnerschaft zur Stärkung im Tourismussektor» geschlossen. Dies, im Beisein von Wirtschaftsminister Guy Parmelin, wie auf der Seite Schweiz Tourismus auf Linkedin zu sehen ist.

Unterzeichnung eines Memorandum of Understandings in Riad: Fahd Hamidaddin und Livio Goetz, beobachtet von Guy Parmelin
Legende: Unterzeichnung einer Tourismus-Absichtserklärung in Riad: Livio Goetz, Direktor von Schweiz Tourismus Golfstaaten (GCC) und Fahd Hamidaddin, CEO der saudischen Tourismusbehörde, hinten: Bundesrat Guy Parmelin, Anfang Februar 2024. Linkedin / Switzerland Tourism GCC

Was steckt dahinter? Ist es legitim, dass die Schweiz ihre Zusammenarbeit mit einem Land ausbaut, das für die Missachtung der Menschenrechte bekannt ist?

Schweiz Tourismus sieht Chancen

Martin Nydegger sagt, man unterscheide zwischen dem saudischen Regime und der Bevölkerung, so wie es die Schweizer Politik und Wirtschaft ebenfalls machten.

Wir sehen keinen Grund, weshalb der Tourismus im Abseits stehen soll
Autor: Martin Nydegger Direktor Schweiz Tourismus

«Wir richten uns an die Bevölkerung. Solange die Schweiz diplomatische Beziehungen mit Saudi-Arabien aufrechterhält, ins Land exportiert und in die Schweiz importiert, sehen wir keinen Grund, warum der Tourismus im Abseits stehen soll.»

Bei der Absichtserklärung handle es sich um ein «unverbindliches Dokument mit Symbolcharakter» und nicht um eine strategische Partnerschaft.

Zudem seien für Schweiz Tourismus und das Wirtschaftsdepartement einzig der «Incoming-Tourismus» relevant, also Reisen von Saudis in die Schweiz.

Schweizer Reisende nach Saudi-Arabien?

Es stellt sich die Frage, ob die offizielle Schweiz mit der «Partnerschaft zur Stärkung im Tourismussektor» auch Reisen nach Saudi-Arabien fördern will?

Saudi-Arabien hat eine wachsende Bedeutung für die Schweizer Tourismuswirtschaft.
Autor: Sprecherin Eidg. Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung WBF

Das Wirtschaftsdepartement von Bundesrat Guy Parmelin schreibt dazu: Mit der Weltausstellung 2030 und der Fussball-WM 2034 rücke Saudi-Arabien in den touristischen Fokus. «Saudi-Arabien hat damit eine hohe und wachsende Bedeutung auch für die Schweizer Tourismuswirtschaft».

Hintergrund seien «bedeutende wirtschaftliche und gesellschaftliche Reformprozesse» im Land. Gemeint ist das Projekt «Vision 2030» von Kronprinz Mohammed bin Salman, mit dem Saudi-Arabien seine Wirtschaft umgestalten und die Abhängigkeit vom Rohölgeschäft reduzieren will.

Tourismusforscherin Monika Bandi von der Universität Bern bezweifelt, ob es sinnvoll wäre, Reisen nach Saudi-Arabien zu fördern. «Es ist zu fragen, ob Schweizerinnen und Schweizer in Saudi-Arabien mithelfen, das bestehende Machtsystem aufrechtzuerhalten oder ob der Tourismus-Franken das Regime tatsächlich verändern kann.»

Risikoreiches Reisen nach Saudi-Arabien

Grosse Reiselust kommt zurzeit wohl nicht auf. Reisen nach Saudi-Arabien sind mit «gewissen Risiken» verbunden, warnt das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten EDA .

Im ganzen Land bestehe die Gefahr von Terrorakten. Im Grenzgebiet zum Jemen sei ein Beschuss mit Raketen und Drohnen nicht auszuschliessen. Raketen und bewaffnete Drohnen könnten gemäss EDA auch die anderen Landesteile erreichen.

Tagesschau, 23.02.2024, 19:30 Uhr

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