- Rund 60 bis 75 Millionen Menschen arbeiten in der Bekleidungs- und Textilindustrie, die Mehrheit von ihnen sind Frauen.
- Die Branche schafft viele wichtige Arbeitsplätze, vor allem in Entwicklungsländern – gleichzeitig verursacht sie gewaltige Umweltprobleme.
- Als Gegentrend zu Fast Fashion hat sich Slow Fashion entwickelt: Mode soll wieder nachhaltig und ressourcenschonend produziert werden.
1.7 Milliarden Tonnen CO2 und 2.1 Milliarden Tonnen Abfall pro Jahr. Für diese Umweltprobleme ist die globale Modeindustrie laut WWF verantwortlich. Doch das hält Schweizer und Schweizerinnen nicht davon ab, durchschnittlich 20 Kilo Kleidung pro Jahr zu kaufen. Auch wenn vieles davon gar nicht getragen und wieder weggeworfen wird.
Das Umweltbewusstsein habe in Bezug auf die Mode nie dieselbe Dynamik entwickelt wie in Bezug auf die Nahrung, sagt Karin Frick. Sie beschäftigt sich als Trend- und Konsumforscherin am Gottlieb Duttweiler Institut mit der Modeindustrie. «Kleidung soll in erster Linie modisch sein. Ganz lange sah nachhaltige Mode einfach nicht modisch aus.» Ausserdem gehe es in der Mode um Schnelllebigkeit und neue Trends – per se ein Gegensatz zur Nachhaltigkeit.
Weil Kleidung immer günstiger wird, kaufen wir immer mehr. Zum Vergleich: Wie der Branchenverband Swiss Textiles berechnete, belasteten 1950 die Ausgaben für Textilien das Haushaltsbudget mit 11 Prozent. Heute liegt die Haushaltbelastung gemäss den Statistikern des Bundes noch bei zwei Prozent. So schön es ist, sich mehrere T-Shirts und Hosen leisten zu können – wir verursachen damit immer stärkere Umweltschäden.
Wir sollten alle einmal für zwei Jahre keine neuen Sachen mehr kaufen
Denn durch die grosse Menge an Fast Fashion gibt es auch viel Mode-Abfall. Um diesen zu verhindern, schlägt Karin Frick eine radikale Lösung vor: «Wir sollten alle einmal für zwei Jahre keine neuen Sachen mehr kaufen», sagt sie. Danach ginge es natürlich auch darum, sich als Kunde zu informieren, unter welchen Bedingungen die Blusen, Hosen und T-Shirts hergestellt würden.
Als Gegentrend zu Fast Fashion hat sich in den letzten Jahren Slow Fashion entwickelt. Das heisst: Kleine Kollektionen, so produziert, dass der Umwelt weniger geschadet wird. Und ohne dass in einem Entwicklungsland Dumpinglöhne bezahlt werden. Vor allem junge Kunden achten im Zuge des aktuell erwachten Nachhaltigkeits-Bewusstseins darauf.
Auch viele Designer befassen sich mit Wegen, ihre Mode nachhaltig zu produzieren. Eine der ersten in der Schweiz war Sabine Portenier. Seit 2013 ist ihre Mode «Made in Thun». Das heisst: Sie macht pro Jahr nur eine Kollektion, 400 Kleidungsstücke, mit Teilen nur für Sommer oder Winter. Dafür macht sie Konzessionen: Ihre Kleidung ist im mittleren bis hohen Preissegment angesiedelt.
Bald wieder mehr Mode-Produktion in der Schweiz?
Vor allem für Designer mit kleinen Kollektionen kommt es billiger, in der Schweiz als im Ausland zu produzieren. Kosten wie Zölle oder Flüge fallen weg. Zudem ist es einfacher, bei Fehlern und Problemen zu reagieren.
Für Karin Frick ist es nicht ausgeschlossen, dass künftig auch hierzulande wieder grössere Produktionen hergestellt werden. Allerdings brauche es dafür einen technischen Fortschritt. «Je stärker die Produktion der Textilien automatisiert wird, je weniger es darauf ankommt, dass der Mensch mitarbeitet, desto weniger spielen tiefe Löhne eine Rolle», sagt sie. Zurzeit sei die Textilproduktion vor allem aus Lohngründen in Entwicklungsländern. Doch: «Wenn die Lohnkosten kein Grund mehr sind, kommt die Produktion tendenziell zurück nach Europa.»