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Ungewissheit wegen Brexit Ein Hilfeschrei der britischen Automobil-Branche

Die stolzen britischen Autobauer bangen um ihre Zukunft. Zehntausende Arbeitsplätze sind in Gefahr. Die Politik laviert.

  • Gestern und heute debattiert das britische Unterhaus bis tief in die Nacht über ein hoch kompliziertes Brexit-Gesetz.
  • Trotzdem weiss niemand, wie dieser Brexit aussehen wird, die Verhandlungen in Brüssel treten an Ort.
  • Gleichzeitig mit der Debatte im Unterhaus schilderten Vertreter der britischen Automobilindustrie ihre gravierenden Befürchtungen vor einem Parlamentsausschuss.

Grossbritanniens Automobilsektor setzt gut 100 Milliarden Franken pro Jahr um. Innerhalb der arg geschrumpften verarbeitenden Industrie bilden die Autohersteller das Filetstück. Doch vier von fünf britischen Autos sind für den Export bestimmt, 56 Prozent der Produktion werden in der restlichen EU verkauft.

Wenn das Königreich im März 2019 Binnenmarkt und Zollunion verlasse, dann müsse man wissen, wohin die Reise gehe, sagte Mark Wilson, Finanzchef der Nobelmarke Aston Martin. «Aber das ist unbekannt, ja sogar die Marschrichtung bleibt rätselhaft; das ist ein Problem.»

Autobauer wollen Klarheit – und zwar schnell

Wilson war diplomatisch. Im Klartext beschreibt er ein politisches Vakuum. Sein Kollege Patrick Keating vom japanischen Autobauer Honda stellte klar, dass das Ziel der britischen Regierung, eine reibungslose Grenze auszuhandeln, eine Illusion darstelle: «Ausserhalb der Zollunion ist das unmöglich.» Also geht es um Schadensbegrenzung. Und zwar rasch.

56 Prozent der britischen Autoexporte gehen in die EU, aber nur 7 Prozent der EU-Exporte kommen nach Grossbritannien.
Autor: Branchenvertreter Mike Hawes Räumt ein, dass die EU am längeren Hebel ist

Mike Hawes, Leiter des Branchenverbandes der Automobilindustrie, drückte sich unmissverständlich aus: «Unsere Mitglieder brauchen Planungssicherheit bis zum Ende dieses Jahres.» Das ist anspruchsvoll, denn es bleibt ungewiss, ob die Gespräche über Handelsbeziehungen und die Übergangsperiode noch dieses Jahr eröffnet werden können.

Bond mit Aston Martin
Legende: Nicht zuletzt James Bond machte Aston Martin zur legendären Weltmarke: Jetzt stehen unruhige Zeiten an. Keystone

Zölle bedeuten Verlust der Konkurrenzfähigkeit

Die Fertigungsstätte von Honda in Swindon ist dicht mit der EU vernetzt, erklärt Patrick Keating: 40 Prozent der Bestandteile kämen täglich in 350 Lastwagen aus der EU; rund zwei Millionen Einzelteile jeden Tag: «Die Fabrik verfügt nur über Bestandteile für eine einzige Stunde Produktion.» Daher wolle er beim Verlassen der Zollunion ein System, das Reibungsverluste minimiere.

Honda drängt auf rasche Entscheidungen. Keating sagt, wenn er zusätzliche Lagerhallen für importierte Bestandteile bauen müsse, brauche das mindestens ein Jahr – einschliesslich Baubegehren und Billigung aus Japan. Zölle bedeuten einen Verlust der Konkurrenzfähigkeit, Verzögerungen am Ärmelkanal erhöhen die Produktionskosten.

Die EU sitzt am längeren Hebel

Falls die britische Konzessionierung von existierenden Autos nicht mehr anerkannt wird, muss die Produktion zeitweise stillgelegt werden. Und im Handel mit Drittländern stellt sich die Herkunftsfrage. Derzeit werden nur 20 bis 25 Prozent der Bestandteile britischer Autos wirklich im Königreich hergestellt. Für ein britisches Auto aber bräuchte es 55 bis 60 Prozent.

Am einfachsten wäre es, meint Branchenvertreter Hawes, wenn EU-Bestandteile als britisch zählten und umgekehrt. Doch dafür braucht es seriöse Verhandlungen und die EU sitzt klar am längeren Hebel, gibt Hawes zu: «56 Prozent der britischen Autoexporte gehen in die EU, aber nur 7 Prozent der EU-Exporte kommen nach Grossbritannien.»

Hinzu kommt, dass mit Ausnahme von Aston Martin alle britischen Autobauer in ausländischem Besitz sind. Diese Firmen haben Ausweichmöglichkeiten. Es geht also um Zehntausende von Arbeitsplätzen, während die Politiker im Unterhaus hypothetische Szenarien diskutieren.

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