Die OECD-Mindeststeuer ist in der Schweiz seit einem Jahr in Kraft. Doch weltweit haben bisher zwei Drittel der Staaten die Steuer nicht umgesetzt, darunter auch Grossmächte wie China oder Indien. Nun kehrt auch die USA der Vereinbarung den Rücken.
Ende Juni haben sich die G7-Staaten hinter verschlossenen Türen dem Druck der USA gebeugt. Für die USA soll im Rahmen der OECD-Mindestbesteuerung eine Sonderregelung gelten. Eine, die US-Konzernen Schlupflöcher bietet. Das wirft auch in der Schweiz Fragen zur Mindeststeuer auf.
USA mit Sonderstatus
In der Schweiz müssen grosse Konzerne seit 2024 mit einem weltweiten Jahresumsatz von mehr als 750 Millionen Euro mindestens 15 Prozent Gewinnsteuer in der Schweiz zahlen, wenn sie hierzulande einen Sitz haben – das ist die Umsetzung der OECD-Mindeststeuer.
Martin Hess von Swissholdings, dem Verband internationaler Konzerne, sagt dazu, mit der Sonderregelung für die USA hätten US-Konzerne einen erheblichen Vorteil. «US-Unternehmen sind nicht mehr von der OECD-Mindeststeuer betroffen. Sie können in den USA wie auch im Ausland von tieferen Gewinnsteuersätzen profitieren.»
Solange für die Schweiz wichtige Volkswirtschaften an der Steuer festhalten und das System durchsetzen, kann sich die Schweiz dem nicht entziehen.
Für Martin Hess ist klar, warum die Schweiz derzeit gut daran tut, bei der OECD-Mindeststeuer noch nicht auszusteigen: «Solange für die Schweiz wichtige Volkswirtschaften an der Steuer festhalten und das System durchsetzen, kann sich die Schweiz dem nicht entziehen.»
Oder etwas salopper formuliert: Bei Multis, die in der Schweiz ihren Sitz haben, müsste sich die Schweiz deren Ergänzungssteuer ans Bein streichen, würde die Schweiz die OECD-Mindeststeuer nicht mehr anwenden. Denn andere Staaten, insbesondere die europäischen, dürften von der extraterritorialen Ergänzungssteuer Gebrauch machen.
Bürgerliche unzufrieden
Doch in der Schweiz werden die bürgerlichen Parteien immer unzufriedener mit der Mindeststeuer – allen voran die FDP. Die Schweiz habe generell den Anschluss im internationalen Wettbewerb verloren, so die Partei. Als Erstes müsse nun die OECD-Mindeststeuer überprüft werden. «Wir waren am Anfang für die OECD-Mindeststeuer, weil alle Länder gesagt haben, sie machen mit. Wenn das nicht mehr der Fall ist, müssen wir die Schweizer Position hinterfragen, zum Schutz der Arbeitsplätze, zum Schutz der Wettbewerbsfähigkeit der Schweiz», sagt etwa FDP-Vizepräsident Andri Silberschmidt.
Politischer Widerstand von den Linken zu solchen Plänen ist vorprogrammiert. Denn der SP geht es auch um Steuergerechtigkeit. Es gehe nicht, dass die Schweiz «Steuerdumping bei Multis» auf Kosten anderer Länder mache, so die Zürcher SP-Nationalrätin Céline Widmer. Zudem sei es derzeit auch rein steuertechnisch keine gute Idee.
«Ein Ausstieg der Schweiz hätte auch finanziell negative Konsequenzen. Denn EU-Länder könnten dann Steuersubstrat der Schweiz abziehen. Das wollen wir nicht», erklärt Widmer. Tatsächlich äusserte sich auch der Bundesrat in die gleiche Richtung auf eine entsprechende Frage im Parlament: Ein Ausstieg sei derzeit kein Thema.
Gleichwohl will man bei der FDP die Regelung genau beobachten. Für die FDP nicht unerheblich wird dabei sein, wie die OECD-Mindeststeuer nun wegen der USA als Ganzes neu justiert wird. Wenn die Schweiz insgesamt ohne Mindeststeuer besser dasteht, will die FDP punkto Mindeststeuer entsprechende Forderungen stellen.