Markus Niederhauser steht in der Produktionshalle seiner Firma und zeigt auf einen Strang von Kabeln mit verschiedenen Steckern dran, etwa 50 Zentimeter lang: «Das ist ein Teilsystem, mit Kabelsträngen und Steckern. Das wird im Flugzeug eingebaut. Und das ist die Halterung für Tanks, Waffen usw.»
Niederhauser ist Verwaltungsrat eines mittelgrossen Industriebetriebs in Boudry in Neuenburg. Seine Firma baut Kabelstränge für die schwedischen Gripen-Kampfjets. Die ersten Kontakte zum Hersteller Saab gab es 2014, als die Schweiz den Gripen beschaffen wollte.
«Offset-Geschäfte öffnen Türen»
Obwohl die Schweizer Bevölkerung Nein sagte zum Gripen, kann das Schweizer KMU nun mit Saab zusammenarbeiten, sagt Niederhauser: «Das Zentrale ist, dass man mit diesen internationalen Firmen als KMU überhaupt in Kontakt kommt. Das ist sehr schwierig. Offset-Geschäfte öffnen Türen.»
Das Wichtigste aber sei der Know-how-Transfer, so Niederhauser. «Dass man etwas bei denen erlernen kann, das man dann in der Schweiz produzieren kann.» So schickte Niederhauser zwei Mitarbeiter nach Schweden, die dort lernten, wie die Kabel für den Kampfjet zusammengesetzt werden müssen.
Dies sei ein typisches Beispiel für den Wissenstransfer, den Kompensationsgeschäfte ermöglichten, bestätigt Studienautor Michael Grass vom Wirtschaftsforschungsinstitut BAK Economics: «Sie bekommen Zugang zu Spitzentechnologien, haben Zugang zu Know-how in Kooperationen mit ausländischen Rüstungskonzernen. Zugang, den Unternehmen ohne diese Geschäfte nicht haben würden.»
Studie zu Offset-Geschäften
Entsprechend sei der Wissenstransfer durch Kompensationsgeschäfte für KMU grösser als für Grossunternehmen. BAK Economics zieht eine positive Bilanz der sogenannten Offset-Geschäfte: «Für einen gewissen Kreis von Unternehmen sieht man ganz klar, dass es einen positiven Einfluss hat.»
Kompensationsgeschäfte stehen auch in der Kritik
Doch diese Offset-Geschäfte sind umstritten, die Politik streitet regelmässig über sie. Und so will Priska Seiler-Graf die Studie des Bundes nicht unkommentiert lassen. Kompensationsgeschäfte seien eine schlechte Lösung, sagt die Zürcher SP-Nationalrätin.
«Die Industrieförderung wird nicht gezielt gemacht, sondern sie wird relativ zufällig in die Hände von ausländischen Firmen gegeben. Diese bestimmen dann, welche Unternehmen in der Schweiz gefördert werden sollen. Zudem verteuert Offset die Beschaffungen», so Seiler-Graf.
Tatsächlich zeigen Studien, dass Beschaffungen durch die Kompensationsgeschäfte etwas teurer werden. Denn für den ausländischen Lieferanten wird das Geschäft aufwendiger.
Seiler-Graf und die SP möchten deshalb auf Offset-Geschäfte verzichten. Denn ohne Offsets würden Rüstungsgeschäfte günstiger, sagt Seiler-Graf: «Das Geld, das man dadurch spart, weil die Beschaffungen billiger werden, könnte man gezielt in Industrieförderung stecken. Und zwar in Firmen und Branchen, die wir als unterstützenswert ansehen.»
Bund begrüsst die Geschäfte
Der Bund sieht dies anders. Er begrüsst, dass durch Offset-Geschäfte zusätzliche Umsätze und zusätzliches Know-how ins Land kommen.
Mit dem neuen Kampfjet F-35 und den Abwehrraketen Patriot stehen nun grosse Beschaffungen der Schweiz an. Diese sollen in der Schweiz Kompensationsgeschäfte im Umfang von über vier Milliarden Franken auslösen.