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Warenhäuser in der Krise Drohende «Verödung»: Welche Zukunft haben die Innenstädte?

Warenhäuser in der Innenstadt kommen zunehmend unter Druck. Wohin entwickeln sich die Zentren ohne Shopping-Magnete?

Welches Problem haben die Warenhäuser? Die grossen Warenhäuser kamen zu Beginn des letzten Jahrhunderts auf. Auf mehreren Etagen boten sie der breiter werdenden Mittelschicht ein Komplettangebot von nah und fern zu bezahlbaren Preisen. Attraktiv sind solche Angebote auch wegen der zentralen Lage. Das Komplettangebot gibts heute aber auch im Internet, rund um die Uhr. Zugleich sind die Quadratmeterpreise in der Innenstadt sehr hoch. Bei steigenden Kosten fehlen deshalb zunehmend Kundinnen und Kunden.

Die Berner Innenstadt während der Weihnachtszeit.
Legende: Die Berner Innenstadt während der Weihnachtszeit. KEYSTONE/Christian Beutler

Welche Folgen haben die hohen Preise für die Innenstädte? Die Marktmieten an den besten Lagen – etwa an der Zürcher Bahnhofstrasse – können sich oft nur noch internationale Marken, häufig im Luxusbereich, leisten. Darüber werden Büroflächen vermietet, weil sie oft mehr Ertrag bringen als Wohnungen.

Klassische Einkaufsstrassen würden damit weltweit austauschbar, sagt etwa der Architekt und Intendant der Internationalen Bauausstellung IBA'27 in Stuttgart, Andreas Hofer. «Die Stadt ist aber ein Schmelztiegel, ein Austauschort.» Stadtplanerinnen und -planer reden deshalb von Verödung.

Welche Rezepte gibt es dagegen? Andreas Hofer sieht unter anderem Chancen für städtische Entwicklung ausserhalb des Zentrums. Die Attraktivität der Innenstädte sei auch zulasten der Vorstädte gegangen. Für kleine Läden, kulturelle Angebote oder Kaffees bieten sich damit Nischen. In der Schweiz kaum möglich dürfte die Ansiedlung von klassischen Warenhäusern in den Quartieren sein, sagt etwa Nicole Loeb, Chefin der gleichnamigen Warenhäuser in Bern, Biel und Thun. In internationalen Metropolen ist diese Entwicklung teilweise aber feststellbar.

Wie können die Innenstädte selbst attraktiv bleiben? Mit mehr Wohnungen sollen die Innenstädte rund um die Uhr belebt werden. Das Gewerbe pocht auf mehr Freiheiten bei Öffnungszeiten, Parkplätzen und Bewilligungen, etwa wenn es um Umbauten oder Aussenflächen geht.

Stadtentwickler, auch aus dem bürgerlichen Lager, betonen zudem, Immobilienbesitzerinnen und -besitzer müssten darauf verzichten, aus jedem Quadratmeter Innenstadt den maximalen Ertrag zu ziehen. Dadurch werde eine durchmischte Nutzung verhindert, was am Ende die Attraktivität der gesamten Innenstadt schmälere.

Und wenn an den Maximalerträgen festgehalten wird? Der Spielraum sei tatsächlich sehr klein, sagt Andreas Hofer. «Immobilienmärkte sind sehr stark von Geld getrieben.» Der ökonomische Druck sei «gewaltig». Die öffentliche Hand könne sich aber überlegen, ob sie zugunsten einer durchmischten Innenstadt in den Markt eingreife. So lässt etwa Paris leerstehende Erdgeschosse an teuren Lagen aufkaufen und günstig vermieten. Zum Beispiel an Bücherläden, Metzgereien oder Bäckereien, die sich die Lage sonst nicht leisten könnten.  

Echo der Zeit, 17.02.2023, 18:00 Uhr

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