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Wetten auf fallende Kurse Leerverkäufer sollen sich nicht mehr verstecken dürfen

Wetten gegen schlingernde Firmen sind umstritten. Im Ausland müssen Hedgefonds ihre Leerverkäufe melden, in der Schweiz nicht. Das soll sich ändern, fordern Wirtschaftsvertreter.

Die Forderung: «Leerverkäufe gehören zu einem funktionierenden Aktienmarkt, aber es braucht Spielregeln», sagt Valentin Vogt, Präsident des Industriekonzerns Burckhardt Compression, zu «ECO». «Leerverkäufe müssen gemeldet werden, damit die Firma weiss, wer dahinter steht». Somit wächst die Kritik am Umgang mit Leerverkäufen in der Schweiz, Swatch-Chef Nick Hayek bezeichnet diese schon länger als «Spekulation und Manipulation».

So funktioniert es: Hedgefonds wetten auf sinkende Aktienkurse, wenn sie den Kurs oder die Aussichten des Managements für überrissen halten. Das Ausmass ist enorm: 20 Prozent aller Swatch-Aktien und 18 Prozent der Burckhardt-Aktien sind aktuell ausgeliehen – an jemanden, der damit gegen das Unternehmen wettet. Hedgefonds leihen sich diese Aktien von einer Bank und verkaufen sie. Wenn der Kurs sinkt, decken sie sich wieder mit Aktien ein – und geben sie dem Entleiher zurück. Die Differenz zwischen Verkaufs- und Kaufpreis abzüglich Gebühren ist ihr Gewinn.

Die Betroffenen: In der Regel trifft es Firmen, deren nahe Zukunft die Hedgefonds skeptisch sehen. Burckhardt Compression musste Stellen abbauen, weil Kunden im Gasgeschäft weniger Kompressoren bestellen. Swatch kämpft um Kunden in Asien und gegen den starken Franken, der Halbjahresgewinn brach gegenüber Vorjahr um über 50 Prozent ein.

Sonderfall Schweiz: In der EU müssen Hedgefonds melden, sobald sie mehr als 0,2 Prozent der Aktien eines Unternehmens für Leerverkäufe halten. Auch die USA kennt Meldepflichten. Nicht so die Schweiz: Weder die Börsenbetreiberin SIX noch die Finanzmarktaufsicht weiss, in welchem Umfang gegen welche Unternehmen gewettet wird. Der Bundesrat will keine Meldepflicht einführen. Es bestehe «kein dringlicher Handlungsbedarf», schrieb er 2013 in einer Interpellations-Antwort. Diese Haltung vertritt er bis heute. Nur dank Zahlen des britischen Informationsdienstes IHS Markit weiss die Öffentlichkeit, gegen welche Schweizer Firmen mit Leerverkäufen gewettet wird.

Ist das schädlich? Swatch-Chef Hayek sagte zu «Bloomberg», Leerverkäufe schadeten allen seriösen Aktionären, die ein echtes Interesse an der Firma hätten. Das ist wissenschaftlich nicht erhärtet. Manchen Studien zufolge wäre viel mehr ein Verbot von Leerverkäufen schädlich, da Leerverkäufe den Kapitalmarkt effizienter machten und dazu beitrügen, dass Aktien richtig bewertet werden.

Was sagen die Hedgefonds? Leerverkaufs-Positionen sollen ab 3 Prozent gemeldet werden, schlägt Burckhardt-Präsident Valentin Vogt vor – analog zu herkömmlichen Meldeschwellen in der Schweiz. Hedgefonds-Manager Rudolf Bohli von RBR Capital Advisors hätte nichts dagegen. Zwar führte das zu mehr administrativem Aufwand, «aber für uns wäre das verkraftbar».

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