Die Umsetzung der Abzockerinitiative, die im März vom Stimmvolk deutlich gutgeheissen wurde, hat erste einschneidende Folgen. So ziehen sich die Berner Oberland-Bahnen (BOB) von der Börse zurück. BOB-Chef Urs Kessler sieht einen klaren Schuldigen: Thomas Minder mit seiner Initiative: «Es ist ein sehr grosser Aufwand für ein kleines Unternehmen wie die Berner Oberland-Bahnen mit 147 Mitarbeitern.»
Angesichts des geringen Handelsvolumens der BOB-Inhaberaktien habe der Verwaltungsrat bei der Berner Börse beantragt, die Aktien per Ende Jahr zu dekotieren. «Sei es die elektronische Abstimmung, die gefordert wird, oder auch die ganze Berichterstattung. Da ist der Aufwand für ein kleines KMU inzwischen viel zu hoch», argumentiert Kessler.
Im Jahr 2012 waren insgesamt 182 BOB-Aktien gehandelt worden, im laufenden Jahr 2013 waren es bis anhin nur 65 Aktien. Im Vergleich: Pro Tag werden durchschnittlich rund 15 Millionen Wertpapiere der Grossbank UBS gehandelt. Deshalb ist die Börse für viele Unternehmen eine interessante Finanzierungsquelle. Die BOB, die hauptsächlich der öffentlichen Hand gehören, könnten aber darauf verzichten, so Urs Kessler.
Kein Einzelfall
Da die neuen Regeln nur für börsenkotierte Unternehmen gelten, soll der Handel der BOB-Inhaberaktien nach dem letzten Handelstag an der Berner Börse auf der Plattform OTC-X weitergeführt werden. Die OTC-X ist die elektronische Handelsplattform der BEKB für nichtkotierte Schweizer Aktien.
Überhaupt seien Dekotierungungen kleinerer Unternehmen in den letzten Monaten keine Einzelfälle, erklärt der Geschäftsführer der Berner Börse, Luca Schenk: «Wir konnten in diesem Jahr bereits drei Dekotierungen verzeichnen, welche die Minder-Initiative als Grund genannt haben.» Darunter ist auch das zweitgrösste Schweizer Bahnunternehmen, die BLS.
Nicht nur der Aufwand schreckt ab
Doch nicht nur der Aufwand sei für kleinere Unternehmen abschreckend. «Ich denke, dass kleinere börsenkotierte Unternehmen Respekt vor den möglichen strafrechtlichen Folgen der Minderinitiative haben», so Luca Schenk. Denn, wer gegen eine Bestimmung der Initiative verstösst, kann mit bis zu drei Jahren Haft verurteilt werden.