Sonderstaatsanwalt Hans Wiprächtiger kündigte am Freitag einen gewichtigen Schritt an: «Ich habe ein Verfahren gegen die Staatsanwaltschaft Solothurn eröffnet», sagte er gegenüber dem Wirtschaftsmagazin «ECO». Hintergrund ist die Einstellung des Strafverfahrens gegen die zwei grössten Schweizer AKW Gösgen und Leibstadt. Die Staatsanwaltschaften Solothurn und Aargau fällten diesen Entscheid Ende 2013.
Fondsvermögen höher ausgewiesen, als es tatsächlich ist
Begonnen hatte die Diskussion Ende 2012. Damals warfen die Umweltorganisationen Greenpeace und Tras den beiden Atomkraftwerken Leibstadt und Gösgen vor, ihre Bilanzen systematisch zu fälschen.
Denn im Gegensatz zu anderen Atomkraftwerken weisen die Kraftwerke Gösgen und Leibstadt in ihren Bilanzen das Fondsvermögen für Stilllegung und Entsorgung um Hunderte Millionen höher aus, als es tatsächlich ist. In beide Fonds müssen Schweizer AKW-Betreiber Geld einzahlen, damit am Schluss ihrer Laufzeit die Rückbau- und Entsorgungskosten gedeckt sind.
Aufsichts- und Disziplinar-Beschwerden durch Greenpeace und Tras
Als das Wirtschaftsmagazin «ECO» am 23. Februar 2015 über den Fall berichtete, beriefen sich die Betreiber von Gösgen und Leibstadt, die Energiekonzerne Axpo und Alpiq, auf die Einstellungsverfügungen der Staatsanwaltschaften, wonach keine Urkundenfälschungen gefunden wurden.
Alpiq: «Sämtliche Angaben in der Bilanz des Kernkraftwerks Gösgen sind korrekt.» Und die Axpo: «Die Rechnungslegung der Betreibergesellschaften wurde und wird von ihren Revisionsgesellschaften vorbehaltlos testiert, und die Bilanzvorwürfe wurden von den zuständigen Staatsanwaltschaften als nicht stichhaltig eingestuft.»
Nachdem die Staatsanwaltschaften Solothurn und Aargau die Strafverfahren Ende 2013 eingestellt hatten, reichten Greenpeace und Tras Aufsichts- und Disziplinar-Beschwerden ein. Diese führte zur Einsetzung von Sonderstaatsanwalt Hans Wiprächtiger durch die Solothurner Regierung.