SRF News: Was haben Sie gedacht, als Sie das vom «Bahamas-Leak» gelesen haben?
Peter V. Kunz: Solche Offshore-Geschäfte der Banken sind legal, daran besteht kein Zweifel. Trotzdem war ich sehr überrascht, dass die beiden Schweizer Grossbanken nach wie vor derart aktiv im Geschäft sind. Nicht zuletzt, weil die Reputation mit solchen Geschäften in Frage gestellt werden könnte.
Andere Geldinsitute – etwa die Bank Julius Bär – haben das Geschäft auf den Bahamas aufgegeben. Wie ist zu erklären, dass UBS und CS immer noch so stark auf dortige Offshore-Firmen setzen?
UBS und CS gehören in der Vermögensverwaltung international nach wie vor zu den grössten Instituten überhaupt. Vor diesem Hintergrund wird klar, dass sie angesichts des riesigen Volumens und der grossen internationalen Nachfrage nach solchen Geschäften trotz aller Risiken nicht aussteigen wollten. Offenbar ist das Offshore-Geschäft für Grossbanken immer noch attraktiv, vor allem, weil es um sehr viel Geld geht. Bei kleineren Banken sind Risiko und Aufwand im Vergleich zum Ertrag zu gross, deshalb steigt man dort vor allem aus Reputationsgründen aus dem Offshore-Geschäft aus.
Das Offshore-Geschäft ist ja nicht per se illegal: Was ist denn erlaubt?
Man kann nicht klar und eindeutig sagen, wo die Grenze liegt. Doch zumindest bei juristischen Personen, also Unternehmen, dürfte die Legalität normalerweise nicht in Frage stehen. Bei natürlichen Personen ist es aber wahrscheinlich schon so, dass nicht wenige, die eine Offshore-Konstruktion errichten, dies aus erster Linie aus Steuerhinterziehungs-Überlegungen machen. Allerdings werden von vermögenden Personen nicht selten auch Stiftungen oder Trusts in Hinblick auf Nachfolgeregelungen errichtet. Dort geht es eher um Verwaltungsüberlegungen als um Illegalitäten. Deshalb gibt es in diesem Bereich nicht einfach schwarz und weiss, sondern der Bereich geht von Dunkel- bis Hellgrau.
Wann wird es problematisch, sprich illegal?
Wenn die verschobenen Gelder aus kriminellen Vortaten stammen. Das können Steuerdelikte, aber auch schwerwiegendere kriminelle Taten wie Terrorismusfinanzierung, Drogenhandel oder Menschenhandel sein. Solche Fälle befinden sich stark im schwarzen Bereich und man spricht dann auch von Geldwäscherei. Diese kann in solchen Offshore-Konstrukten einfacher vorgenommen werden, weil dort Regulierung und Überwachung viel schwächer sind als auf dem Schweizer Finanzplatz, wo wir sehr enge Kontrollen haben.
Geschäfte auf den Bahamas sind nach all den Enthüllungen sicher nicht das beste für den guten Ruf von Finanzinstituten, doch offenbar überwiegt für sie der Nutzen. Gibt es denn Alternativen für die Banken?
Mich überrascht, dass die Grossbanken nicht schon vor Jahren präventiv zum Offshore-Geschäft gestanden sind und die Zahlen bekannt gegeben haben, denn an sich ist die Tätigkeit nicht illegal. Durch die laufende Entwicklung müssen sich die Banken nun jedes Mal verteidigen, wenn wieder eine «Leak»-Geschichte in den Medien auftaucht. Als Grossbank hätte ich die Karten auf den Tisch gelegt und gesagt, dass Offshore-Konstrukte wichtig sind fürs Bankengeschäft und legal – und auch kontrolliert werden.
Das Gespräch führte Brigitte Kramer.