Im Gründungsjahr 1948 nahm die AHV etwas über 400 Millionen Franken an Beiträgen von Arbeitnehmern und Arbeitgebern ein. Gleichzeitig zahlte sie Renten in Höhe von rund 100 Millionen Franken aus. Es blieb ein Überschuss von 300 Millionen. Der Generationenvertrag funktionierte.
Aber nur für fünfzehn Jahre, wie das Wirtschaftsmagazin «ECO» anhand sämtlicher AHV-Geschäftsberichte recherchiert hat: Bereits ab 1964 kippte der Umlage-Überschuss in ein Defizit, das sich bis ins vergangene Jahr auf rund zehn Milliarden Franken auftürmte. Nur noch ein Mal, 1972, überstiegen die Lohnbeiträge die Rentenverpflichtungen.
Der Bund heisst «wir alle»
Diese enormen Fehlbeträge muss der Bund – besser gesagt: müssen «wir alle» – mittelbar decken. Konzeptionell war für die Finanzierung der AHV zwar ein Beitrag der öffentlichen Hand (zunächst auch der Kantone) in der Verfassung vorgesehen. 1948 waren es 160 Millionen Franken. Doch die Entwicklung verläuft so gravierend, dass der Bundesanteil an die AHV mittlerweile andere Ausgaben bedrängt, wie die «NZZ» vergangene Woche schrieb.
Mit zahlreichen Massnahmen für die AHV – in Abstimmung mit der zweiten Säule – will der Bundesrat die Sozialwerke für die nächste Zukunft finanziell sichern. Unter anderem sollen das Rentenalter der Frauen schrittweise auf 65 Jahre angehoben und der Zeitpunkt der Pensionierung zwischen 62 und 70 Jahren frei wählbar werden.
In der zweiten Säule sollen der Renten-Umwandlungssatz von 6,8 auf 6 Prozent gedrückt und die Eintrittsgrenze für die obligatorische berufliche Vorsorge von 21‘000 auf 14‘000 Franken gesenkt werden.
Viel Aktionismus, wenig Wirkung
Was bringen diese Massnahmen unter dem Strich? Bis 2030 rechnet der Bund mit Ausgaben der AHV – also Rentenzahlungen – von rund 60 Milliarden Franken. Die nun angedachten Reformen würden den Aufwand um insgesamt 0,9 Mrd. Franken verringern. Die Einnahmen – also vor allem die Lohnbeiträge – werden bis dann auf rund 37 Milliarden Franken beziffert. Die Reformen würden 0,6 Mrd. Franken mehr in die AHV-Kassen spülen. Eine Reform mit Auswirkungen im Prozentbereich.
Knackpunkt Mehrwertsteuer
Die einzige Massnahme, die finanziell wirklich ins Gewicht fällt, ist die geplante Erhöhung der Mehrwertsteuer um 1,5 Prozentpunkte. Nach dem Willen des Bundesrates soll dies bis 2030 knapp 8 Milliarden Franken zusätzliche Erträge bringen. Mit der Reform will der Bundesrat schlicht mehr Geld.
Hinzu kommt: Ursprünglich waren 2 Prozentpunkte Erhöhung geplant. Jetzt genügen offenbar maximal 1,5. Warum nicht weniger?
Nach Berechnungen von «ECO» flossen der AHV seit 1999 – als Demografie-Finanzierung – rund 30 Milliarden Franken aus der Mehrwertsteuer zu. Damit das Sozialwerk in der Gesamtrechnung nicht in die roten Zahlen schlittert und sein Vermögen aufzehren muss, hätten indes 15 Milliarden genügt.