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Wirtschaft Auch das britische Königreich spürt die Ölkrise

Nicht nur im Nahen Osten und in Russland, auch auf den britischen Inseln macht sich der tiefe Ölpreis deutlich bemerkbar. Bei BP brachen im letzten Quartal die Gewinne ein. Erste Stellen werden abgebaut – tausende weitere sollen folgen. Jetzt ist gemäss Branchenvertretern auch die Politik gefragt.

Der anhaltend tiefe Preis für einen Barrel Öl macht Grossbritannien und vor allem den Ölproduzenten zu schaffen. BP präsentierte am Morgen die Jahreszahlen für 2014: ein Gewinneinbruch von fast einer halben Milliarde US Dollar allein im letzten Quartal. Schon vor zwei Wochen gab der Konzern bekannt, dass dieses Jahr 300 Stellen in Schottland abgebaut würden. Tausende weitere sollen weltweit folgen. Zusätzlich will man weltweit die Gehälter aller rund 84'000 Mitarbeitenden einfrieren und Investitionen in der Höhe von 3 Milliarden Dollar einsparen. Nicht nur die 4'000 Ölarbeiter, welche vor der schottischen Küste in der Nordsee beschäftigt sind, fürchten nun also um ihre Jobs.

Unterstützung seitens der Regierung

Schottlands Regierungschefin Nicola Sturgeon versprach gestern, sich für die Anliegen der Arbeiter, aber auch für die gesamte Ölindustrie in London stark zu machen. Sie fordert eine langfristige Senkung der Steuer, welche die Branche auf Nordseeöl zahlen muss. Dies solle nun schnellstmöglich geschehen.

Nicola Sturgeon beim Handshake mit dem britischen Premier David Cameron
Legende: Die schottische Regierungschefin Nicola Sturgeon (r.) verlangt in London bessere Rahmenbedingungen für die Ölindustrie. Reuters

Es ist unklar, ob das Parlament die Ölindustrie steuerlich entlasten wird. Klar ist jedoch, dass die Gewinneinbrüche dem britischen Staatshaushalt empfindlichen Schaden zuführen könnten. Jüngsten Schätzungen zufolge werden dieses Jahr rund 6 Milliarden Franken weniger Ölgeld in den Staatshaushalt fliessen. Ob sich das Lobbying von Nicola Sturgeon ausgezahlt, wird sich spätestens im nächsten Budget erweisen.

Ölpreis und Aktie steigen

Eine Nachricht dürfte die Ölarbeiter in der Nordsee jedoch zumindest ein wenig beruhigen. Der Preis für ein Barrel Nordseeöl der Sorte Brent, welches vor der schottischen Küste gefördert wird, legte seit dem Morgen um rund 4,5 Prozent zu und kostete am Mittag 57,23 US Dollar. Damit hat sich Brent-Öl seit Beginn der Woche um fast 20 Prozent verteuert. Zurückzuführen ist dies auf die Ankündigung der Branchengrössen BP, Chevron, Exxon und Shell, in diesem Jahr massiv einzusparen.

BPs Einsparungspläne – eine Reduktion ihrer Investitionen um 13 Prozent – bescherte der Aktie einen kleinen Höhenflug an der Börse. Der Titel nahm bis zum Mittag um drei Prozent zu. Dies kann auch darauf zurückgeführt werden, dass die Gewinneinbrüche in ihrer Höhe nicht ganz so fatal ausgefallen sind, wie von Anlegern zuvor befürchtet.

Erholung nur kurzfristig?

Die teureren Preise für ein Fass Öl in dieser Woche gehen laut einigen Analysten auch auf einen grundlegenden Stimmungswechsel im Markt zurück. Ein Rückgang der Ölbohrungen in der USA hatte die Preise bereits gestern angehoben. Sollte dieser Trend anhalten, könnte sich die Situation für die Ölkonzerne langsam wieder beruhigen. Kurbelt die USA jedoch die Produktion wieder an, ist die Situation ungewiss.

Wegen eines Überangebots auf dem Weltmark und einer schwachen Nachfrage ist der Ölpreis seit dem Sommer um mehr als die Hälfte abgestürzt. Grund für das Überangebot ist vor allem der Boom der amerikanischen Schiefergasproduktion, besser bekannt als «fracking».

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