Nach fast einem Jahrhundert stellt die amerikanische Ford die Produktion von Autos im australischen Melbourne ein. 1200 Mitarbeiter werden ihren Job verlieren.
Für die Entwicklung gibt es vor allem drei Gründe. Erstens ist die australische Produktion zu teuer. Der Bau eines Autos in Asien beträgt dank tieferer Löhne einen Viertel von dem, was er in Melbourne kostet.
Patriotismus auf dem Sinkflug
Zweitens sind die Australier nicht mehr so patriotisch wie früher. Statt einem hausgemachten Ford Falcon kaufen sie lieber ein Billigwagen aus China. Der Ford Falcon gilt als Symbol australischer Männlichkeit: Er ist laut, stark, aggressiv und durstig.
Doch der wichtigste Grund ist der starke australische Dollar. Er hat sich in den letzten zehn Jahren gegenüber dem amerikanischen Dollar mehr als verdoppelt. Das bedeutet: Australische Exportprodukte werden immer teurer. Sie haben im Ausland kaum noch eine Chance.
(buev;lin)
Auch General Motors und Toyota vor dem Aus
Auch für andere Autoproduzenten in Australien sieht die Zukunft düster aus. Der frühere Chef von Ford spricht von einem Dominoeffekt: Die amerikanische General Motors und die japanische Toyota würden in absehbarer Zeit auch verschwinden, und mit ihnen die meisten Zulieferer-Unternehmen.
Michael Mol, ein Experte für Unternehmensstrategie der Warwick Business School in Grossbritannien, zeigt sich ebenfalls pessimistisch. Der Entscheid von Ford sei nachvollziehbar. «Man fragt sich eigentlich nur, weshalb dieser Entscheid erst jetzt kommt.» Mittel- und langfristig werde es für Autohersteller in Australien sehr schwierig, meinte er im australischen Radio.
Für die australische Regierung ist die Entwicklung äusserst unangenehm. In den letzten 12 Jahren hat sie 10 Milliarden Franken an Steuergeldern in die Industrie gepumpt, um sie im Land zu halten. Ohne diese Subventionen wären die Autobauer schon längst abgefahren. Und bald verlassen sie das Land trotzdem.
Gesamte herstellende Industrie schwächelt
Die Automobilindustrie ist nicht die einzige, die kriselt. Ob Stahl, ob Kleider, ob medizinisch-technische Geräte: Die herstellende Industrie in Australien ist den letzten Jahren dramatisch geschrumpft. Früher ein Standbein der Wirtschaft, ist der verarbeitende Sektor heute nur noch ein Schatten seiner selbst. Kleine Firmen gehen ein, grosse verlagern ihre Produktion nach Asien.
Der Grund für diese Entwicklung liegt im wirtschaftlichen Erfolg, den Australien seit 20 Jahren feiern kann. Allerdings in einem anderen Sektor. Dank der nicht konstanten Nachfrage nach Eisenerz, Kohle, Zinn und Zink geniesst die ohnehin schon dominante Rohstoffindustrie einen Dauerboom.
Das hat zu einer massiven Nachfrage nach dem australischen Dollar geführt. Den sehen internationale Anleger und Spekulanten als Rohstoffwährung. Das bedeutet: Fallen die Rohstoffpreise, fällt auch der Dollar und umgekehrt. Geht es China gut, geht es dem Aussie-Dollar gut. Trotz einer jüngsten Abkühlung der Nachfrage aus China dürfte sich daran vorerst wenig ändern.