Microsoft-Gründer Bill Gates hält über seine Beteiligungsgesellschaft Cascade schon seit längerem 3 Prozent der Sika-Aktien. Anfang März hatte Gates ein Gesuch gestellt. Darin verlangt er, dass die Übernahmekomission UEK feststellen soll, ob der französische Konzern Saint-Gobain nicht zuerst allen Aktionären ein Kaufangebot unterbreiten muss.
Dieses Gesuch hatte die UEK aber abgewiesen und damit die Gültigkeit dieser sogenannter Opting-Out-Klausel präzisiert. Demnach wäre es legal, dass Saint-Gobain mit nur 16 Prozent der Kapitalanteile 52 Prozent der Stimmenanteile kaufen und so die Kontrolle über die ganze Sika erlangen kann.
Doch Gates gibt sich nicht geschlagen. Nur einen Tag nach dem Entscheid der UEK kündigte er am Donnerstag an, die Gültigkeit der Opting-out-Klausel erneut überprüfen zu lassen. Diesmal befasst sich die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (Finma) mit dem Fall. Die Finma ist die erste Beschwerdeinstanz der UEK.
Breite Front gegen Opting-Out-Klausel
Ein ähnliches Ziel wie Gates hat auch die Anlagestiftung Ethos. Sie möchte an der kommenden Generalversammlung (GV) der Sika vom 18. April zusammen mit anderen Minderheitsaktionären die Klausel ganz aus den Statuten streichen lassen. Der Mitte Januar gegründeten Unterstützergruppe traten auch 22 Pensionskassen von Schweizer Unternehmen und öffentlichen Institutionen bei.
Die Hartnäckigkeit der Minderheitenaktionäre erstaunt nicht, denn bei der von der Sika-Gründerfamilie Burkard geplanten Transaktion an Saint-Gobain wären sie die Geprellten. Wegen der Opting-Out Klausel erhielten die Minderheitenaktionäre von Saint-Gobain kein Angebot für ihren Aktienanteil und blickten finanziell in die Röhre. Die Erben dagegen erhielten auf den Aktienkurs vor Ankündigung des Kontrollwechsels eine saftige Prämie von 80 Prozent.
Einige Experten gehen zwar davon aus, dass die Franzosen ohne die Opting-Out-Klausel von einem Kauf absehen würden, da die Übernahme dann schlicht zu teuer wäre. Doch solche Überlegungen bleiben vorerst Spekulation. Klar ist heute einzig, dass bei einer gültigen Stimmrechtsbeschränkung an der GV keine Mehrheit für eine Auswechslung der Verwaltungsräte zustande kommt. Genau dies wäre aber die Voraussetzung, damit sich Saint-Gobain die Anteile von den Burkards überschreiben lassen könnte.
Zoff um Stimmrechtsbeschränkung
Die Stimmrechtsbeschränkung ist ein Schutzmechanismus für Minderheitenaktionäre. Diese Beschränkung sieht der Sika-Verwaltungsrat im konkreten Fall jedoch verletzt, weil seiner Lesart nach die Schenker-Winkler Holding (SWH), die die Erbenfamilie vertritt, zusammen mit Saint-Gobain eine Aktionärsgruppe bildet. Durch ihre Verkaufsabsicht übe die SHW ihr Stimmrecht gemäss den Weisungen von Saint-Gobain aus, so die Begründung. Die Gründerfamilie habe daher ihre stimmrechtliche Sonderstellung verwirkt, weshalb ihr Stimmrecht auf 5 Prozent zu beschränken sei.
Die SWH wiederum bezeichnet die Stimmrechtsbeschränkung als illegal. Bis jetzt habe keine einzige Aktie der SWH die Hand gewechselt. Der Sika-Verwaltungsrat habe daher keine Kompetenz, einen im Aktienregister eingetragenen Aktionär im Stimmrecht zu beschränken.
Noch kein Grundsatzurteil
Was bisher geschah
Das Kantonsgericht Zug hatte als erste Instanz unlängst zwar alle Anträge der SWH gegen die Beschränkung abgewiesen. Dabei handelte es sich aber nicht um ein Grundsatzurteil. Das Gericht wies lediglich die von der SWH geltend gemachte Dringlichkeit zurück. Somit bleibt vorerst offen, ob die Stimmrechtsbeschränkung bei der Wahl des Verwaltungsrats an der GV zulässig ist.
Die Zulässigkeit wird erst dann geklärt werden, wenn die SWH gegen die Beschlüsse der GV juristisch vorgeht oder Verantwortlichkeitsklagen gegen Mitglieder des Verwaltungsrats einreicht. Der Streit über die Stimmrechtsbeschränkung dürfte sich also noch weit über die GV hinaus weiterziehen.