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Wirtschaft Bohrt Glencore widerrechtlich in der Westsahara?

Die grösste norwegische Pensionskasse KLP hat sämtliche Beteiligungen am Rohstoffkonzern Glencore verkauft. Dies, weil Glencore widerrechtlich vor der Küste der Westsahara nach Erdöl suche. Das verstosse gegen internationales Recht, damit wolle man nichts zu tun haben.

Norwegische Pensionskassen und Investmentfonds gehören zur Avantgarde. Sie sind weltweit die Ersten, die begonnen haben, Aktien von Firmen abzustossen, die mit der klimaschädlichen Kohle Geld verdienen.

Internationales Recht verletzt?

KLP, die grösste norwegische Pensionskasse, geht nun noch einen Schritt weiter. Sie hat im Laufe dieses Jahres alle Aktien des Schweizer Rohstoffkonzerns Glencore im Wert von 22 Millionen Franken aus ihrem Portfolio geworfen.

Symbolbild: Zwei Kinder in der Wüste, im Hintergrund ein Hüttendorf.
Legende: Umstrittenes Gebiet: Marokko beansprucht den grössten Teil der Westsahara. Keystone Archiv

«Interne Regelungen schreiben uns vor, nicht in Firmen zu investieren, die internationales Recht verletzen», sagt Jeanett Bergan, Investmentchefin bei KLP. Genau das tue Glencore aber mit grösster Wahrscheinlichkeit. Sie verweist auf die Probebohrungen, die Glencore vor der Küste der Westsahara durchführt.

Die Westsahara sorgte vor 40 Jahren für Schlagzeilen. Damals besetzte Marokko die einstige spanische Kolonie mit der Begründung, das Gebiet sei vor der Kolonialisierung mit Marokko lose verbunden gewesen. Der Grossteil der Bevölkerung in der Westsahara sieht das anders und will Selbstbestimmung. Das führte zu einem 16 Jahre dauernden Krieg zwischen sahrauischen Rebellen und Marokko.

Marokko darf keine Konzessionen vergeben

Marie-Claire Martinoli von der kleinen Schweizer Nichtregierungsorganisation ARSO kennt den Konflikt bestens. 2002 habe die UNO in einem juristischen Gutachten festgehalten, dass Marokko keine Verfügungsgewalt über die Westsahara habe, sagt sie. Das heisst, Marokko darf gar keine Konzessionen an Erdölfirmen vergeben. Alle Einnahmen aus den natürlichen Ressourcen in diesem Gebiet gehören der dortigen Bevölkerung und nicht Marokko.

Marokko sieht das freilich anders und beansprucht die Westsahara für sich. Das Königreich fährt fort, Konzessionen für die Ausbeutung von Phosphat, den Fischgründen und Erdöl an ausländische Konzerne zu verkaufen. Zu den Käufern von Erdöl-Konzessionen gehören der französische Total-Konzern und Glencore.

Verschleierungstaktik hat nicht funktioniert

KLP-Investmentchefin Bergan ist noch immer erzürnt über Glencore: An einer Präsentation für potenzielle Investoren hätten die Glencore-Verantwortlichen eine Karte gezeigt. Daraus sei nicht ersichtlich gewesen, dass das Explorationsfeld gar nicht auf marokkanischen Gebiet liegt, sondern in der Westsahara. «Das ganze Gebiet wurde als marokkanisch ausgewiesen.»

Erst aufgrund lauter Proteste von Nichtregierungsorganisationen und andern habe Glencore die Karte für die nächste Präsentation korrigiert. Deshalb hat KLP nun die Konsequenzen gezogen und seine Investitionen in Glencore und in die französische Total abgestossen.

Die Norweger reagierten damit vor dem Europäischen Gerichtshof. Dieser hat erst diese Woche ein Freihandelsabkommen zwischen der EU und Marokko für null und nichtig erklärt, weil es auch die besetzten Gebiete der Westsahara umfasst, die völkerrechtlich gar nicht zu Marokko gehören.

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