In der Politik mehren sich die Stimmen zugunsten einer stärkeren Kontrolle der Nationalbank. Am deutlichsten hat dies kürzlich der Schaffhauser parteilose Ständerat Thomas Minder getan. Er möchte das Direktorium der Nationalbank erweitern. Auch soll es nicht mehr durch den Bundesrat, sondern durch das Parlament bestätigt werden.
Minder ist mit dem Vorstoss nicht allein. In der laufenden Session ist eine Sonderdebatte rund um den starken Franken und die wirtschaftlichen Folgen geplant.
Ist die stärkere politische Einbindung der Nationalbank tatsächlich ein taugliches Mittel? Fragen an Wirtschaftsredaktorin Eveline Kobler.
SRF News: Was steckt hinter diesem plötzlichen Unmut über die Nationalbank?
Eveline Kobler: Der Entscheid von Mitte Januar zur Aufhebung des Mindestkurses zum Euro hat weitreichende und schmerzhafte Folgen. Der Franken ist massiv aufgewertet worden. Es vergeht kaum ein Tag, wo nicht eine Firma die Arbeitszeit bei gleichem Lohn ausdehnt, um Produkte wegen der Konkurrenz im Euroraum günstiger herstellen zu können. Dazu kommen täglich Firmen, die Stellen abbauen oder ins günstigere Ausland verlagern. Die Politik versucht da, den Unmut und die Ängste der Bevölkerung aufzugreifen.
Was wäre die Wirkung eines grösseren Direktoriums und dessen Wahl durch das Parlament?
Das ist umstritten. Von der Ausweitung auf mehr als drei Direktoren erhofft man sich unter anderem eine kleinere Fehlerquote. Allerdings wäre ein solches Gremium langsamer. Denn es muss immer einstimmig entscheiden. Entsprechend ist auch fraglich, ob vor dreieinhalb Jahren der Mindestkurs ebenso rasch eingeführt worden wäre. Was die Wahl betrifft, so schlägt bisher der Bankrat ein neues Mitglied fürs Direktorium vor, das der Bundesrat bestätigen muss. Eine Wahl durchs Parlament wäre mit Sicherheit stärker verpolitisiert und würde auch öffentlich diskutiert. Die Frage stellt sich, ob damit das Direktorium «legitimierter» wäre.
Würde das neue System andere Entscheide hervorbringen?
Das ist der Kern des Problems und hängt mit dem Entscheid vom 15. Januar zusammen. Eigentlich sind sich alle einig, dass der Euro-Franken-Kurs wieder steigen muss, wenn man der Schweizer Wirtschaft helfen will. Auf 1.15 bis 1.20 Franken. Theoretisch kann nur die SNB etwas am Wechselkurs machen.
Ein gewisse Ohnmacht ist in diesem Zusammenhang aber spürbar, denn ein erneuter Mindestkurs wäre wahrscheinlich mit heftigen Eingriffen am Devisenmarkt verbunden. Auch die Glaubwürdigkeit steht auf dem Spiel. Deshalb ist eine solche Massnahme kaum realistisch. Das ist auch allen bewusst. Das Grundproblem des starken Frankens muss also wahrscheinlich im Ausland gelöst werden. Der Schweiz bleibt vor allem die Hoffnung, dass die Konjunktur in Europa wieder auf Kurs kommt.
Und was ist mit der bisher gepriesenen «grösstmöglichen Unabhängigkeit» der Nationalbank, wenn die Zusammensetzung der Leitung verpolitisiert wird?
Gerade in schwierigen Zeiten und bei unpopulären Entscheiden wird die Unabhängigkeit von Nationalbanken immer wieder neu diskutiert. Eine Rückblende zeigt, dass die Schweiz mit ihrer auch im internationalen Vergleich politisch sehr unabhängigen Nationalbank bisher sehr gut gefahren ist. Für eine Entschätzung des jüngsten Entscheids ist es noch zu früh. Die weitere Entwicklung des Euro-Franken-Kurses wird neue Erkenntnisse liefern.
Die Fragen stellte Hans Ineichen.