1992 übernahm Walter Räss im sankt-gallischen Tufertschwil die Käserei seiner Eltern. Wie sie, produzierte er Appenzeller Käse. Doch damit gab er sich nicht zufrieden. Vor 13 Jahren experimentierte der 49-jähige so lange, bis er einen neuen Käse erfunden hatte, der ihm schmeckte. Erst produzierte Walter Räss seinen «Chällerhocker»nur an einem Tag pro Monat, 2014 gab er die Appenzeller-Produktion auf und stellte ganz auf «Chällerhocker»um - vergangenes Jahr produzierte er 85.5 Tonnen. 53 Tonnen davon wurden exportiert, mit 35 Tonnen ging der grösste Teil in die USA.
Logistik ist essentiell
Dafür sorgt Käsehändler Konrad Heusser. Der Quereinsteiger – ursprünglich hatte er Turnlehrer studiert – begann 2002 bei einer Käsehandelsfirma zu arbeiten. 2010 machte er sich selbständig: Die eigene Firma gründete er in Deutschland, damit Kunden aus der EU nicht selber Käse aus der Schweiz importieren mussten und um in Euro fakturieren zu können. Vor fünf Jahren eröffnete er einen Schweizer Geschäftssitz in Seuzach bei Winterthur, die Mundig GmbH. Letztes Jahr exportierte Mundig 190 Tonnen Käse. Der überwiegende Teil davon – 140 Tonnen – gingen in die USA.
Dort arbeitet Konrad Heusser mit der Firma Columbia Cheese zusammen, die seinen Käse importiert und vertreibt, etwa an Murray’s, einen grossen Käseladen in New York. Columbia Cheese sorgt auch für die Logistik: Laut Heusser ist sie essentiell, damit die Qualität des Käses beim Transport erhalten bliebt. Im Lkw geht der Käse von Seuzach nach Paris. Dort wird er in Container verladen, die in Le Havre in Richtung New York verschifft werden. Fliegen sei – ausser im Weichkäsebereich – viel zu teuer. «Wir arbeiten just-in-time», sagt Konrad Heusser. «Wir erhalten die Produkte Ende Woche, Anfang Woche verpacken wir sie, Mitte Woche gehen sie weg und zweieinhalb Wochen später sind sie in New York. Das ist eine relativ kurze Wegstrecke.»
Cheese Rock Star
Zur Zeit, sagt Konrad Heusser, sei in den USA vor allem bei der jungen Generation eine unglaubliche Begeisterung für qualitativ hochstehende Produkte auszumachen, im Speziellen Käse: «Das kann man sich gar nicht vorstellen, wenn man das nicht selbst erlebt hat.» Und Walter Räss, der immer wieder an Messen und Wettbewerben auftrete, komme bei den Amerikanern unglaublich gut an. «Er ist ein Cheese Rock Star: Die jungen Käseverkäufer himmeln ihn an, weil er ein Super-Produkt macht.» Walter Räss wiederum geniesst den Erfolg: «Mein Traum war, den «Chällerhocker» in Zürich verkaufen zu können. Dass ich ihn jetzt in die USA exportieren kann, ist mehr, als ich mir je vorgestellt habe.»
Konrad Heusser sieht grosse Chancen in den USA für Schweizer Käse. Doch die Schweizer müssten aufpassen, dass sie sich nicht auf der Tradition ausruhen. «Ich sehe einfach, dass in den USA sehr viele Käsereien aufgehen, die fantastische Produkte machen. Das sind junge, innovative Firmen und ich möchte die Schweizer Käseindustrie ermuntern, sich auch am Ausland zu orientieren, was die gut machen und von dort auch Know-how mitzunehmen.» Dass Erfolg im Ausland möglich sei, zeige das Beispiel «Chällerhocker».