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Ein Gestell mit Magneten mit Schweizer Symbolen darauf, im Hintergrund eine Chinesin.
Legende: Shopping auf Chinesisch: Interesse besteht vor allem an hochstehender Technologie und wertvollen Marken. Keystone

Wirtschaft Chinas Einkaufstour in der Schweiz – nur der Anfang?

Touristen aus China kaufen gerne Schweizer Uhren, Firmen aus China gerne Schweizer Firmen. Dieses Jahr haben Chinesen schon fünf Schweizer Unternehmen übernommen – zuletzt die Gategroup. Das ist aber erst der Anfang, sagen chinesische Ökonomen und Unternehmer an einer Investorenkonferenz.

Der Andrang ist gross in Zürich: Rund 250 Unternehmer, Fondsmanager und Ökonomen sind am Zürcher Finanzplatz zusammengekommen. Es geht um Investitionsmöglichkeiten in China – und auch in der Schweiz.

Dass viele Chinesen darunter sind, ist kein Zufall. Chinesische Unternehmen entwickeln zunehmend Appetit auf Schweizer Firmen. Der Genfer Rohstoffhändler Mercuria, der Agrochemiekonzern Syngenta, der Trinkflaschenhersteller Sigg und der Maschinenbauer Netstal – sie alle werden gerade von Chinesen übernommen.

Und das sei erst der Anfang, prophezeit Wirtschaftsprofessor Yuan Ding von der renommierten China-European Business School, der Gastgeberin des Treffens.

Sichere, ausländische Häfen für chinesisches Geld

Vor zwei Jahren habe China erstmals mehr Kapital aus dem Land ausgeführt als eingeführt, sagt Yuan Ding. Damals begann die grosse Einkaufstour, auch in der Schweiz. Es war ein Wendepunkt in der Geschichte Chinas. Dass dieser mit der beginnenden Abschwächung der chinesischen Wirtschaft zusammenfällt, ist kein Zufall.

Viele Investoren und Unternehmer hätten Angst um ihr Vermögen bekommen, und daher angefangen, ihr Geld möglichst breit im Ausland zu investieren, sagt der Ökonom. Sie hoffen auf bessere Renditen und sinkendes Risiko. Kommt hinzu: Weil die chinesischen Löhne gestiegen sind, ist China als Werkbank für ausländische Unternehmen weniger attraktiv geworden.

Die Wirtschaft orientiert sich deshalb neu, weg von Billig-, hin zu hochpreisigen Produkten. Doch wenn Unternehmen teurere Produkte verkaufen wollten, müssen sie auch mehr bieten, sagt Yuan Ding: Hochtechnologie und Marken zum Beispiel.

Um dies möglichst schnell zu bekommen, kaufe er Firmen im Ausland, sagt der Unternehmer Jesse Guang. Seine Jingcheng-Gruppe hat unter anderem dem Schweizer Industriekonzern Oerlikon die Hälfte der Textilmaschinensparte abgekauft. Das sei ein langfristiges Engagement, betont Guang.

«Technologie wird nicht nur von China abgesaugt»

Marie-Gabrielle Ineichen-Fleisch, die Chefin des Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco), sieht keinen Grund, daran zu zweifeln. «Ich weiss nicht, weshalb das unbedingt eine Sorge sein muss. Wir sind Innovationsweltmeister. Das interessiert natürlich die Chinesen.» Diese seien interessiert an Technologie.

«Aber nicht unbedingt, um diese einfach nach China zu schaffen, sondern um darauf aufzubauen.» Dass der neueste Sicherheitsbericht des Schweizer Nachrichtendienstes warnt, dass China Wissen abschöpfen könnte, wischt die Seco-Chefin vom Tisch: «Technologie wird auch von anderen abgesaugt, nicht nur von Chinesen.»

Das Neue an chinesischen Investoren sei einfach, dass man sie noch nicht gut kenne. Das dürfte sich mit der wachsenden Zahl der Übernahmen ändern.

Gerade haben Chinesen 4,5 Milliarden für die deutsche Roboterfirma Kuka geboten. Damit könnte auch die Schweizer Tochter Swisslog in chinesische Hände kommen. Der Hunger ist noch lange nicht gestillt.

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