Für die Arbeiter von Swissmetal war es wie ein Wunder: Nach Jahren der Unsicherheit warf ein chinesischer Investor kurz vor Weihnachten den Rettungsring. Er kaufte die beiden Fabriken in Reconvilier und Dornach. Das war eine gewaltige Erleichterung für die rund 200 Beschäftigten. Doch in die Freude mischten sich bald auch bange Fragen: Betreiben die Chinesen die Werke wirklich weiter? Oder übernehmen sie nur einfach die Marke? Transportieren sie das Know-how ab?
Solche Ängste sind weitverbreitet. Wo immer chinesische Investoren auftauchen, schlägt ihnen Misstrauen entgegen. Die langjährige Praxis des Kopierens und Fälschens hat den Ruf der asiatischen Aufsteiger nachhaltig geprägt.
Lob von Eterna
Die chinesische Haidian-Gruppe streckte 2011 die Hände nach der traditionsreichen Uhrenfirma Eterna aus. Im solothurnischen Grenchen waren viele zunächst skeptisch. Heute – eineinhalb Jahre später – lobt der Schweizer Geschäftsführer Patrick Kury den neuen Besitzer. Haidian halte sich im Hintergrund, sagte er im vergangenen Dezember gegenüber Radio SRF. Auch wenn die Firma nun einen chinesischen Investor im Rücken hat, «Eterna ist und bleibt schweizerisch.»
Die Zusammenarbeit mit den Chinesen zahlt sich bisher aus: Die Produktion von Eterna hat sich in den letzten Monaten fast verdoppelt. Kury ist überzeugt davon, dass das chinesische Engagement in der Schweiz auf lange Frist angelegt ist. Kury: Wenn Eterna die ganze Entwicklung und die Produktion nach Asien auslagert, würden sogar Asiaten die Uhr nicht mehr kaufen. «Wir würden uns selber ins Knie schiessen.»
Milliarden frei für Investitionen
«Made in Switzerland» gilt im Reich der Mitte als Qualitätsmerkmal – besonders im Luxussegment. China springt von der billigen Werkbank der Welt zur gehobenen Konsumgesellschaft. Der Hunger nach prestigeträchtigen Firmen ist gross.
Recherchen des Westschweizer Nachrichtenmagazins L'Hébdo zeigen: In den letzten drei Jahren haben über 60 chinesische Investoren in der Schweiz Fuss gefasst. Sie haben Fabriken übernommen, Filialen gegründet, sich eingekauft. Die Chinesen handeln dabei exakt nach dem Motto «Going Global». Das rief die Pekinger Regierung bereits 2000 aus. Und Geld ist genug da. Allein die Devisen-Reserven werden auf rund 300 Milliarden Dollar geschätzt.
Die jüngste Einkaufswelle ist erst der Anfang. Davon ist Kurt Haerri, Präsident der schweizerisch-chinesischen Handelskammer überzeugt. Es gebe in China einen grossen Bedarf an Technologie. Es gebe aber auch den grossen Wunsch der Regierung, die eigene Wirtschaft mit Rohstoffen und Energie zu versorgen. Deshalb habe sie einen eigenen Investitionsfonds gegründet. «Und dieses Geld will angelegt werden», so Haerri.
Chinesen in vielen Branchen präsent
Die Anzeichen sind unübersehbar: Die Chinesen sind da. In der Maschinenindustrie, der Solarbranche und im Tourismus. Sie bauen das schweizerische Glasfasernetz aus. Wie etwa der Telekom-Riese Huawei im Auftrag der Swisscom.
Und sie schaffen sich neue Zentren. Zu beobachten ist das zum Beispiel im Kanton Obwalden. Dort kaufte der Financier Yunfeng Gao zunächst ein Hotel in Engelberg. Jetzt gehört ihm bereits ein zweites auf der Melchsee-Frutt. Die Touristen aus Fernost können jetzt in der Zentralschweiz also bei ihren eigenen Landsleuten übernachten.
(luek;prus)