Hariolf Kottmann will Clariant in die Top-Liga der Spezialchemie-Konzerne führen. Gemessen an der Profitabilität ist das noch ein weiter Weg. 16 bis 19 Prozent Gewinnmarge peilt der Konzernchef bereits 2015 an. 14 Prozent waren es Ende 2013 – Allzeithoch für Clariant. Durchschnitt im Vergleich zur Konkurrenz.
Den Sprung zu schaffen, wird nicht einfach. Denn das zweite Halbjahr 2014 ist für den Spezialchemie-Konzern schwieriger als angenommen. «Insgesamt ist das Jahr aus heutiger Sicht so lala.« Es fehle «irgendwie der Pep!», sagt Kottmann im «ECO»-Interview.
Schwung könnte aus dem eigenen Forschungslabor kommen: Von den nach eigenen Angaben 260 Innovationen setzt Konzernchef Kottmann auf drei Produkte besonders grosse Hoffnungen. Eines soll diesen November lanciert werden: «Das ist ein Produkt, das in den nächsten fünf Jahren durchaus in einen 80, 90, 100-Millionen Bereich vordringen kann.»
Keine Entlassungen geplant
Sollte Clariant trotz aussichtsreicher Produktneuheiten die Zielmarge 2015 verfehlen, müssen sich Mitarbeiter trotzdem keine Sorgen um ihren Arbeitsplatz machen. Kurzfristige Kostensenkungspläne hat Kottmann nicht in der Schublade. «Wenn sich zeigen würde im Verlauf des nächsten Jahres, dass es schwierig wird, dorthin zu kommen, und wir vielleicht nur eine 15 machen oder eine 14, würde ich niemals damit beginnen, die Kosten zu senken, radikal zu entlassen, abzubauen.»
Festhalten will der Clariant-CEO auch am Standort Muttenz: Am ehemaligen Hauptsitz beschäftigt Clariant in der Produktion noch 60 Mitarbeiter. «Der Standort Muttenz hat seine Wichtigkeit, genauso wie Gendorf oder Gersthofen in Deutschland. Er ist ein bisschen kleiner als die beiden anderen Standorte. Aber wir haben hier einen Betrieb mit 60 Mitarbeitern, wir stellen fünf Produktgruppen, 60 Produkte her, die an 300, 400 Kunden weltweit von Muttenz aus vertrieben werden. Es ist ein wichtiger Standort für uns», so Kottmann gegenüber «ECO».
Auch der Chef selbst macht sich keine Sorgen um seinen Job. Auf die Frage, ob der Verwaltungsrat ihm Zeit gäbe, seine Gewinnziele auch später als 2015 zu erreichen, sagt der gebürtige Schwabe prompt: «Die Zeit nehme ich mir.»
Millionensalär sei gerechtfertigt
Seit Jahren zu reden gibt das grosszügige Salär, das Verwaltungsratspräsident Rudolf Wehrli seinem CEO zuspricht: 7,4 Millionen Franken waren es 2012, vergangenes Jahr 6,2 Millionen Franken. Darauf angesprochen, ob er rückblickend sein Salär wert gewesen sei, antwortet Kottmann: «Wenn wir es daran messen, welchen Wertzuwachs die Firma genommen hat, als ich gekommen bin, und wir haben den Wert fast verdreifacht von 2,5 Milliarden auf fast 7,3 Milliarden Franken, dann glaube ich, kann man das ohne Zweifel bestätigen.»
Auf den zweiten Teil seines Sonderbonus aus 2012 in Höhe von 1,5 Millionen Franken hat der ehemalige Hoechst-Manager dennoch verzichtet – trotz erreichter Zielvorgaben.
Tatsache ist: Sechs Jahre nach Kottmanns Amtsantritt im Oktober 2008 ist der Turnaround bei Clariant geschafft, die Zeichen stehen auf Wachstum. Und dieses soll vor allem aus China, Indien, Indonesien, Latein- und Nordamerika kommen. «Die Zukunft der Firma wird in den Emerging Markets entschieden, das ist meine feste Überzeugung», so Kottmann, der in Sachen Spezialchemikalien auch die USA gern als Entwicklungsland bezeichnet, auch wenn diese ihm wohl vehement widersprechen würden.