Der höchste Schweizer Banker heisst Herbert Scheidt. Er löst den Genfer Privatbankier Patrick Odier als Präsident der Bankiervereinigung ab.
Der deutsch-schweizerische Doppelbürger ist seit 14 Jahren an der Spitze der Zürcher Privatbank Vontobel. Erst als Konzernchef nun als Verwaltungsratspräsident. Nun krönt er seine Banker-Karriere mit dem Amt als Präsident der Bankiervereinigung.
Scheidt, 65-jährig und Vater von zwei Kindern, ist ein Vollblutbanker. In England hat er Wirtschaft studiert, danach bei der Deutschen Bank Karriere gemacht. Zuerst im Mutterhaus in Deutschland, dann New York, Mailand und schliesslich Genf. Bis er dann 2002 Chef der Bank Vontobel in Zürich wurde. Vor fünf Jahren trat er zurück und übernahm, sozusagen als Ruhestands-Job, das Präsidium der Bank.
Von der Pension in den 100-Prozent-Job
Während andere mit 65 den Ruhestand geniessen, übernimmt er noch ein neues Amt. Mit den beiden Präsidien zusammen arbeitet Herbert Scheidt wohl wieder beinahe 100 Prozent. Wenn am Abend nach der Arbeit Zeit bleibt, dann gehe er auf dem Zürichberg joggen. Weit hat er nicht. Scheidt wohnt unweit des Hotels Dolder. «Das Wochende nehme ich mir aber immer frei», sagt Scheidt. Er ist leidenschaftlicher Wanderer und Skifahrer. «Einen grossen Teil meiner Freizeit verbringe ich in den Bergen».
Ausdauer wird Scheidt auch als oberster Banker brauchen. Er muss die Interessen aller Banken bündeln und unter einen Hut bringen. Von den kleinen, regionalen bis zu den grossen und mächtigen Banken. Ein vielfältiger Reigen mit unterschiedlichen Interessen und Meinungen. «Das ist auch gut so», meint Scheidt. «Doch am Ende müssen wir gegenüber der Politik in Bern mit einer Stimme sprechen».
«Ein Kandidat der Grossbanken»
Dass ihm dies gelingen wird, daran zweifelt Finanzjournalist Lukas Hässig. «Herbert Scheidt ist eher ein Kandidat der Grossbanken aus Zürich und weniger der Regional- und Kantonal-Banken.Doch Scheidt nimmt die Probleme der kleinen Institute ernst. Über weite Strecken werden sie vom Staat gleich streng reguliert wie die grossen, systemrelevanten Banken. Das verursacht hohe Kosten. «Wir brauchen für die kleineren Banken eine Regulierung-light, die weniger kostet», sagt Herbert Scheidt.
Acht Jahre sind seit dem Ausbruch der Finanzkrise vergangen. Doch das Image der Banken ist noch immer ramponiert. «Fehler haben damals alle gemacht». Gibt Scheidt unumwunden zu. Man habe aber aus den Fehlern gelernt. «Ich sehe kein Land, dass nach der Krise so grosse Fortschritte gemacht hat wie die Schweiz.» Damit werde auch das Ansehen der Banken wieder wachsen.
An die Spitze des digitalen Bankings
Die Digitalisierung macht vor der Finanzbranche nicht halt. Und das Zentrum der Innovationen liegt in London. Scheidt will das ändern, und den hiesigen Finanzplatz an die Spitze des digitalen Bankings führen. Ersetzt der Computer den Menschen, kann das Jobs kosten. «Wir müssen unsere Leute richtig ausbilden, dann haben sie immer eine Chance innerhalb und ausserhalb der Banken.»
Fürs Portrait bittet Herbert Scheidt ins Museum Rietberg. Die Stiftung von Scheidts Bank Vontobel ist ein spendabler Gönner der Sammlung. Er selbst passionierter Kunstsammler. Als oberster Banker ist Herbert Scheidt auch Lobbyist im Parlament in Bern. Bürgernähe und eine etwas hemdsärmlige Art komme dort an, sagt Banken-Journalist Lukas Hässig. Scheidt sei das Gegenteil. «Er stammt aus Deutschland und hat den Umgang mit der Schweizer Politik nicht von der Pike auf mitbekommen.» Das sei eine Hürde, die es für Scheidt zu nehmen gelte.
Herbert Scheidt hat den Schweizer Pass. Zudem hat er lange in Genf gelebt. So, kenne er die hiesige Mentalität und das Politsystem sehr gut. Trotzdem: Der Weg zum Erfolg führt wohl über ein gutes Gehör für die Banken in den Regionen und den Zugang zur Politik in Bern.